Die zerbröselte Hochzeitsnacht
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Es mag so aussehen, als sei unsere Hochzeit am 14. März 1987 unter keinem guten Stern gestanden. Doch der Erfolg gibt uns recht. Mehr als drei Jahrzehnte sprechen für sich.
Nach längerer Beziehung zu heiraten, bot sich an. Ganz unspektakulär und unromantisch. Keine Verlobung, kein Tamtam und zusammengewohnt haben wir damals auch schon. Also Datum gewählt. Im März, weil dann zwei Wochen Schiurlaub in den Dolomiten. Handgeschriebene Einladungen versandt. Ganz wenige nur, weil kurz nach Studienabschluss notorisch knapp bei Kasse. Und dann mussten wir ein paar Tage vor der geplanten Hochzeit aus den Morgennachrichten erfahren, dass unsere Trauungskirche am Linzer Auberg nächtens abgebrannt war. Nicht zur Gänze, aber der Innenraum war beschädigt und stark verkohlt. Die Löscharbeiten hatten zudem alles unter Wasser gesetzt. Somit unbespielbar.
Für eine Planänderung war es zu spät und tatsächlich passte das schlichte, schmucklose Ambiente des Pfarrsaals aus den 70ern, in dem die Zeremonie dann stattfand, ganz gut zu unserem spartanisch asketischen Ansatz. Damals. Kein weißes Kleid, kein Brautstrauß, keine Entführung und Fotoverbot. Alle lustigen Spielchen hatten wir strikt untersagt. Der Umstand, dass wir das mit Dosen behängte und mit Rasierschaum verzierte Auto noch vor der Abfahrt gereinigt hatten, gab mancher Freundschaft den Todesstoß. Aber wir hatten vorgewarnt.
Gefeiert wurde im Wochenendhaus der Schwiegereltern und es wurde dann, als sich die Aufregung einmal gelegt hatte, ein sehr lustiger und langer Abend mit viel Gesang und Tanz.
Als sich endlich die letzten Gäste verabschiedet hatten, sollte für uns die „Nacht der Nächte“ beginnen. Und diese unsere Hochzeitsnacht war dann eine ganz und gar schlaflose. Nicht schmunzeln jetzt, der Grund war ein anderer. Das Schlafgemach der Hütte war verschlossen, das Schloss ausgetauscht worden, der Schlüssel unauffindbar. Wir wussten nicht, wer die Täter gewesen waren, wen wir in diesen frühen Morgenstunden anrufen, aufwecken oder bedrohen sollten. „Karl und Evi vielleicht?“ Ja, die beiden hatten sich mehr als verdächtig verhalten, zum Abschied einmal zu oft eine wunderbare gute Nacht gewünscht. Was war gleich deren Geschenk gewesen? Eine Gugelhupfform samt noch ofenfrischem Gebäck. Alles klar, den Schlüssel hatten sie dann wohl im Teig eingebacken. Wir pulverisierten die unschuldige Mehlspeise und fanden – nichts! Unsere Erwartungen an die Hochzeitsnacht waren ohnehin nicht sehr hoch gewesen. Nur eine Mütze Schlaf hatten wir in Anbetracht der bevorstehenden Hochzeitsreise nehmen wollen. Wir nahmen sie im Sitzen, neben den gepackten Koffern im Vorzimmer, und am Morgen gab es zum Frühstück köstliche Kuchenbrösel. Wer die Übeltäter waren? Wir haben es nie erfahren. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, sich zu outen. Mit Strafen ist nicht mehr zu rechnen. Die fiese Tat ist mehrfach verjährt!
© Caroline Kleibel 2020-02-19
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