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Nomen est Omen

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Nomen est Omen | story.one

„Ich heiße jetzt anders“, erklärte mir Johannes gleich zu Beginn unseres Klassentreffens. Und auf mein Nachfragen hin, wie der sich denn nun nenne, sagte er noch einmal: „Anders“. Es dauerte eine Weile, ehe ich das große „A“ hörte und verstand, dass sich mein einstiger Mitschüler in seinem Beruf als Schauspieler nicht „Peter“, „Paul“, „Fritz“ oder „Franz“ nannte, sondern den Namen „Anders“ für sich gewählt hatte. Was in Künstlerkreisen gerade noch durchgeht, ist im Alltag doch eher unüblich. Normalerweise begleitet einen der Vorname ein Leben lang.

Auch wenn dieser zunächst vielleicht mehr über die Persönlichkeit der Eltern aussagt, als über die des Kindes, ist er doch wegbegleitender Ausdruck von Individualität versehen mit vielen guten Wünschen. Caroline, glaube ich gerne, rührt her vom 60er Jahre Hype um Grace Kelly und das monegassische Fürstenhaus. Ich hätte es schlechter treffen können. Selbst habe ich versucht, in der Namensgebung meiner Söhne gute Wünsche zu verpacken. Den Wunsch nach Glück und den nach der Weite Irlands. Und tatsächlich kann ich nach Jahren sagen, mein Erstgeborener ist ein Glückskind, während der Zweite im vergangenen Jahr ein pretty little Gallway Girl mit irischen Wurzeln geheiratet hat.

Darüber hinaus gilt der wichtige rechtliche Aspekt, dass der erstgewählte Name des Kindes eindeutig männlich oder weiblich sein muss. Was danach kommt, ist den Eltern freigestellt. Auch die Anzahl der Namen ist unbegrenzt.

In Deutschland sind Eltern mit Himmelblau, Morgenstern oder Emma Tiger durchgekommen. Rundweg abgelehnt wurden – wie jüngst in den Medien stand – Namenswünsche wie Lamborghini, Korvette oder Borussia. Auch wenn Standesämter und Gerichte immer großzügiger werden, alles lassen sie doch nicht gelten.

Die Auswahl an – wie es heißt – „gebräuchlichen“ Vornamen ist ohnehin groß genug. So bietet die Statistik Austria als Orientierungshilfe ein laufend aktualisiertes Register im Umfang von 200 Seiten und mehr als 1,5 Millionen Vorschlägen an. Da müsste sich wirklich ein Name finden lassen.

An der Technischen Universität Chemnitz konnte nachgewiesen werden, dass viele Leute vom Namen nicht nur auf ein attraktives Äußeres, sondern auch auf die Intelligenz schließen. Eine Studie wertete Bewerbungsunterlagen von Personen aus, die sich einzig im Vornamen unterschieden. Anna und Waltraud hießen die beiden Frauen, Felix und Erwin die Männer. Versuchspersonen mussten sich vorstellen, sie hätten einen Auftrag für die Installation eines Computernetzes zu vergeben. Das Positive vorweg: Das Geschlecht war für die Vergabeentscheidung nicht maßgeblich, wohl aber der Vorname. Bewerberinnen und Bewerber mit als schön empfundenen Namen wurden generell hinsichtlich ihrer Begabung positiver eingeschätzt. Demnach hätten – ich zitiere wörtlich –Anna und Felix eindeutig die besseren Jobchancen als Waltraud und Erwin.

© Caroline Kleibel 2021-03-08

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