Tweng
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Man hört ja so einiges. Da kann man schon misstrauisch werden, bei Anrufen von Unbekannt.
In den Zeitungen ist davon die Rede, auf Facebook wird Alarm geschlagen und gestern wurde im Kaffeehaus darĂŒber geredet. Ăber wunderliche PhĂ€nomene. RĂ€tselhafte ZusammenhĂ€nge. UnerklĂ€rliche Vorkommnisse. Wie UFOs ĂŒber der WĂŒste, wie Spuren AuĂerirdischer in Getreidefeldern. So kommen sie einem vor. Nicht, dass sie einem selber schon untergekommen wĂ€ren. Aber man hört ja so einiges.
Die Youngsters haben ĂŒber Nachwuchs gesprochen und flugs erscheinen Kinderwagenangebote auf ihren Handys. Die Nachbarn haben laut darĂŒber nachgedacht, sich einen RasenmĂ€her zuzulegen und schon flitzt ein MĂ€hroboter ĂŒber den Bildschirm. Eine Jemandin macht sich Sorgen um ihr Haushaltsbudget und kurz darauf schreibt ihr ein Jemand, sie hĂ€tte 500.000 Euro gewonnen.
Da kann man schon argwöhnisch werden. An Spionage denken. An Abgehörtwerden. An Lauschangriff. Von einem Bill oder einem Geheimdienst. Oder einer Werbeagentur.
Der Gedanke liegt nahe, man muss nur eins und eins zusammenzĂ€hlen. Dann weiĂ man, warum das Geld nicht auf Jemandins Konto gelandet ist. Die unbekannte Nummer hat einen Trojaner auf ihr Handy geschickt und der hat ihre Kontodaten ausspioniert. Dann hat er den fĂŒr die Jemandin bestimmten Geldsegen abgesaugt. Nach Irgendwo. Oder Nirgendwo. So einfach ist das. So klar und so logisch. Wenn man eins und eins zusammenzĂ€hlt.
Blöd ist nur, dass eins und eins nicht immer so zwei ergibt, wie wir es in der Volksschule gelernt haben. Oft ist eins plus eins einfach null. In der digitalen Welt. Da kann man dann schon einmal verunsichert sein, beim Einordnen von Vorkommnissen. Egal ob extra-terrestrisch oder inter-net-ional.
Und sich fragen: Wie ist das jetzt, mit diesem Anruf? Mit dieser unbekannten Telefonnummer auf meinem Display. Und der kryptischen Buchstabenkombination. Die nach China ausschaut. Oder Hongkong. So genau kenne ich mich da nicht aus. FrĂŒher hĂ€tte ich gesagt: Das kommt mir spanisch vor. Jetzt kommt es mir chinesisch vor. Oder koreanisch. Oder. Weil man hört ja so einiges. Von Viren, die die Welt ĂŒberschwemmen. Die analoge oder die digitale.
Was hat die Anruferin wollen? Mein Handy infizieren? Mich mit etwas Tödlichem anstecken? Oder der Anrufer. Kein Wort hat er gesagt, nicht einmal ein RÀuspern war zu hören. Einfach aufgelegt hat er. Ganz schnell. Das beunruhigt mich. Denn so ein Virus kann ja so flink sein. Was man so hört.
Da kann man dann schon Angst bekommen. Richtiggehend panisch werden kann man da. Und nicht mehr schlafen kann man. Weil so ein Vorkommnis, so ein rÀtselhaftes, raubt einem die Ruhe.
Da muss man dann schon ein Orakel befragen. Auf einen Hinweis hoffen, auf eine Deutung. Denn mit Unsicherheit lebt es sich arg schwer. Wenn man nicht weiĂ, wie eins und eins zusammenzuzĂ€hlen sind. Und dass Tweng ein österreichisches Dorf ist. Im Bundesland Salzburg.
Foto: Eddy Billard on Unsplash.com
© Christine Mayr 2022-05-28
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