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#schwarzweiß#schwarzweißfoto#fotografien

Aha-Momente

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Aha-Momente | story.one

Wer sich mit Kunst beschäftigt, stößt immer wieder auf Fragen oder Problemstellungen. Logisch, ist ja überall so. Wenn diese sich dann plötzlich auflösen, obwohl man gerade an etwas anderem gearbeitet hat, das liebe ich. Ein Beispiel dafür aus der Zeit meines Studiums:

Ich hatte ein Bild in Arbeit, das stimmte und nicht stimmte. Es war zu stark, um es zu übermalen. Und dennoch machte es mich unrund, weil etwas darin nicht rund lief, ich aber die Ursache nicht zu fassen bekam.

Wir hatten einen Gastvortragenden in der Klasse, der Schwarz-Weiß-Fotografie anbot. Nikolaus Korab scharte einige StudentInnen der Malerei-Klasse um sich (völlig freiwillig, man bekam kein Zeugnis dafür, keine Stunden angerechnet), die wir mit ihm durch die Stadt zogen, um zu fotografieren und später in der Dunkelkammer diese Bilder zu entwickeln.

Einer der spannendsten Momente ist jener in der Dunkelkammer, wenn in dem schwachen roten Licht aus dem weißen Fotopapier, welches zuvor belichtet wurde und nun im Entwickler liegt, eine chemische Flüssigkeit, plötzlich das Motiv herauswächst. Dunkle Stellen sich bilden, andere bleiben weiß, und die diversen Grauschattierungen dazwischen, und diese Flecken werden immer deutlicher und wachsen zu einem Foto zusammen.

Das, was aber davor liegt, nämlich das Fotografieren, das war anfangs für mich eine echte Herausforderung. Wir hatten ja analoge Kameras. Wenn man durch den Sucher blickte, und man sah eine Person in oranger Bluse vor einem blauen Hintergrund, dann war es für mich als Malerin, die ja eine noch stärkere Beziehung zu Farbigkeiten hat, extrem schwierig, das vorhandene und gesehene Orange und Blau wegzudenken. Beides würde ja in dieser Art der Fotografie zu grau.

Irgendwie und irgendwann installierte mein Kopf dann eigens einen S/W-Schalter. Ich konnte ihn einschalten, sobald wir loszogen, um Motive zu finden. Um mich zu fragen, wie sähe das in S/W aus? Die Farbigkeiten bei der Motivsuche völlig wegzulassen, sondern auf die Hell/Dunkel-Kontraste zu gehen und auf die Lichtstimmungen. Logisch. Aber ich habe da durchaus einige Zeit gebraucht, bis mir das gelang.

Jedenfalls kam ich von so einer Fotosession zurück in die Malerei-Klasse. Mein S/W-Blick war noch aktiviert. Sensibilisiert. Und mit diesem Blick sah ich mein gutes, aber unrundes Bild. Und erschrak – und war erleichtert. Mit dem Blick der S/W-Fotografin konnte ich der Malerin in mir weiterhelfen. Würde ich dieses Bild in dieser Technik fotografieren, wären die drei Farben, aus welchem es zum Großteil bestand, in ähnlichen Grauwerten abgebildet. Es wäre abgesoffen in sich selbst, obwohl es eine stimmige Komposition und Flächenaufteilung hatte.

So malte ich eine der drei Farben heller, und eine andere dunkler. Und plötzlich stimmte das Bild. Es bekam Tiefe und Raum. Die Komposition wurde sichtbar.

Schon aus diesem Grund erprobe ich immer wieder neue Techniken. Weil man im Neuen lernen leichter zulässt, als im Vertrauteren.

© Eva Hradil 2021-10-01

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