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#kunst#zaubern

Das Geheimnis ist der Sinn.

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Das Geheimnis ist der Sinn. | story.one

Wenn ich über Kunst rede, oder auch bei anderen Themen, verwende ich gerne Metaphern, bildhafte Vergleiche aus anderen Bereichen, um das, was ich meine, anschaulich zu machen.

Gerne aus dem Bereich Essen und Kochen. Oder Autofahren. Ist das nicht quasi eine Art Übersetzung? Ich nehme eine Veranschaulichung, die wir kennen, um das Gefühl dabei, die Schlussfolgerungen daraus, auf das Gebiet zu legen, wovon Menschen eben sagen, sie haben absolut keine Ahnung.

KünstlerInnen machen das vielleicht umgekehrt. Das ist nur eine These. Sie entwickeln selbst eine Art (Geheim-)Sprache, in welcher sie arbeiten. Und mit welcher sie sich ausdrücken. So wie das Alphabet, das man mit den Fingern formt, mit dem sich Kinder gerne unterhalten. (Machen das die Kinder jetzt auch noch?) Oder so wie Morsezeichen: zur einfacheren Übertragbarkeit; man muss aber den Code kennen, um es in „Echtsprache“ übersetzen zu können. Die Gebärdensprache der Gehörlosen fällt da auch hinein. Manche der Gesten kann man vielleicht auch ohne tatsächliches Wissen erraten oder erahnen. Bei anderen liegt man völlig daneben. Man muss diese Sprachen gelernt haben.

Bei KünstlerInnen gibt es aber keine generelle „Geheimsprache“, mit der sie ihre Inhalte codieren. Sondern sie entwickeln jeweils ihre eigene. Manchmal kennen sie ihre Inhalte selbst nicht so genau, sondern arbeiten sich daran entlang, um sie überhaupt selbst zu fassen zu bekommen. Als Möglichkeit, als Forschungsfeld, als spürbare Aufgabenstellung – ohne an ein Ziel kommen zu wollen. Wir essen ja auch nicht, um am Ende des Lebens so und so viel Essen angehäuft zu haben. Sondern wir tun das für jetzt – für den Hunger und die Energiezufuhr von heute. Und künstlerisches Arbeiten hat auch mit Hunger zu tun.

Es ist – glaube ich – gar nicht Sinn der Kunst, verstanden zu werden, sich auszukennen. Sondern genau das Gegenteil. Das Geheimnis ist der Sinn.

Man spürt als BetrachterIn, da hat jemand absolut ernsthaft und intensiv an etwas gearbeitet. Und diese Intensität ist das, was uns anzieht. Diese neu geschaffene Wahrheit. Wie ein Zauberer nicht zaubern kann, sondern uns gekonnt irreführt, eine scheinbare Parallelwahrheit erschafft, wird doch durch rasche Finger, Ablenkung, Spiegel an ungewohnten Orten, bewusst Illusion erzeugt, um uns zu täuschen. Um uns zu faszinieren. Wir wissen ja mit dem Kopf, dass dieser Mensch keine magischen Fähigkeiten hat, sondern nur magisch schnelle Hände.

KünstlerInnen nutzen ihre Sensibilität und (Nischen-)Begabungen. Und oft ihre absolute Konsequenzbereitschaft. So hat sich schon manche/r KünstlerIn selbst ins Eck gemalt/gearbeitet. Wer beim Abstrahieren immer weiter geht, landet, z.B. wenn man eine quadratische Leinwand ganz schwarz bemalt, irgendwann im Eck, sofern man bei der Malerei bleiben will. Aber diese Konsequenz, die stärker sein kann als die Möglichkeit zum Weiterarbeiten, ist vielleicht fast so sichtbar wie Farbe und Material.

© Eva Hradil 2022-10-20

Kunstmomente

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