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#enkelkinder#kunstundkultur#kunst

Der Wert währt

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Der Wert währt | story.one

Was eine Artothek auch noch bemerkenswert macht, ist, dass es keine Preisunterschiede gibt. Also eigentlich gibt es schon einen Preisunterschied: Leinwandbilder haben den einen Preis, Papierarbeiten hinter Glas einen anderen für das Ausborgen für sechs Monate. Aber ansonsten ist es komplett egal, ob die ausgewählte Arbeit von jemand „Prominenten“ ist oder von jemand relativ Unbekannten.

Man kann also nichts falsch machen, muss sich nicht sorgen bezüglich eines „Fehlkaufes“ und braucht somit auch keine erhoffte Wertsteigerung miteinplanen, sondern einzig jenen Wert berücksichtigen, der dieses Bild für einen selbst hat. Der es herausstechen ließ, beim Wändeaufschieben in der Artothek. Hat es einfach Aufmerksamkeit eingefordert? Hat es die richtigen Farben für das Sofa, über das es gehängt werden soll? Hat es an etwas erinnert, das man gerne um sich hat? Einem zum Lächeln gebracht? Zum Staunen? Zum Nachdenken?

Hier zählt nur der persönliche Wert, gemessen in Wohlbefinden oder Neugierde oder positiver Irritation oder Freude an der Veränderung. Nicht der Marktwert.

Wie wird der Preis denn überhaupt festgesetzt, in den Ateliers und Galerien und Kunstmessen? Es ist kein Muss, aber durchaus eine übliche Praxis, dass der Preis für eine neue Arbeit so berechnet wird: Breite in Zentimeter plus Höhe in Zentimeter mal einem Faktor. Und der Faktor ist umso höher, desto bekannter Künstlerin oder Künstler ist, inklusive Ausstellungstätigkeiten in eingeführten Galerien/Ausstellungsräumen/Museen, Auslandstätigkeiten und Publikationen. Direkt nach dem Kunststudium, so hieß es jedenfalls, als ich mein Diplom machte, wird für den Faktor der Wert 10 eingesetzt, sofern es sich um Bilder auf Leinwand handelt.

Wer tatsächlich ein Bild kaufen will, ist – meiner Meinung nach – gut darin beraten, nicht an die Wertsteigerung zu denken. Sondern ans Jetzt und Heute. Sonst könnte man sich ja gleich seine Wertpapierdepotkontoauszüge rahmen lassen und an die Wand hängen. Oder was es da alles gibt.

Kunst zum Angeben zu erwerben, kommt natürlich vor. Dann müssen es Namen sein, die auch wirklich jede/r kennt. Und da verstünde ich auch gut die Angst vor der Kunst. Weil man dann ja nicht selbst der Entscheider ist, sondern der Geschmack der Nachbarn, der Freunde – einfach der Menschen, vor welchen man angeben will. Dann hat man berechtigte Sorge sich für das „Falsche“ entschieden zu haben. Oder wenn der Name, der jetzt zwar trendig ist, sich in wenigen Jahren als Strohfeuer entpuppt hat, bzw. sich generell die Modeströmungen woanders hinbewegt haben. Was ja fast zwingend so ist. Das ist ja die Aufgabe von Mode.

Ist es nicht besser, sich direkt für eine Arbeit zu entscheiden statt für einen Namen? Und das könnte auch eine besonders berührende Zeichnung des Enkelkindes sein, die man schön rahmen lässt. Da braucht sich der Wert auch nicht mehr zu steigern, er ist von Anfang an hoch.

© Eva Hradil 2022-10-09

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