Endoskopische Operation am offenen Spülkasten
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Nein, wenn ich diese Zeilen schreibe, ist es noch nicht vollbracht. Die Operation steht noch bevor, wirft aber bereits ihre rinnenden Schatten voraus.
Folgende Parameter gibt es über den Patienten vorauszuschicken. Das Wasser, das den Spülkasten tourlich durchspült, ist vom Hausbrunnen, weil das hier in der Gegend so ist. Und – ganz speziell für die noch enger gefasste Gegend – es ist sehr eisenmanganhältig (oder so ähnlich), wird also rostrot, wenn es steht. Verfärbt dadurch auch die Sanitärkeramiken. Und hat jetzt über die Jahre das Innenleben des Spülkastens versaut.
Sie schauen ja tatsächlicher schmucker aus, die versteckten, weil eingebauten Spülkästen, die somit nur durch die jeweils zugehörige Spültaste zu sehen sind. Die einem sehr groß vorkam, all die Jahre. Doch plötzlich, wenn man erfasst, mit der Erkenntnis einer Erkenntnis, dass deren Größe das Maß des Löchleins der Endoskopischen Operation bemisst, mit der man ein Spülkasteninnenleben heilen kann, wird einem diese Spültaste viel zu klein.
Die eigentliche Spültaste liegt nun schon einige Zeit abgebaut obenauf auf der gefliesten Schwelle und teilt sich diesen Platz mit einer Rolle Klopapier. Und ich verspieltes Kind hatte bald herausgefunden, welches Plastikteil ich wie nach hinten drücken musste, um den Zaubermechanismus in Gang zu setzen.
Nach dem Spülen drückte ich dann in diesem Spülkasten so lange vorsichtig an irgendwelchen Dingen, die ich anfangs noch nicht auseinanderhalten konnte, bis sich das Nachrinnen in die Klomuschel völlig oder fast einbremste.
Das ging mal besser, mal weniger besser. Viele der verschlackten Ablösungen müssen da unterwegs sein und im Weg liegen, um der Dichtung das Arbeitsleben gehörig zu erschweren.
Mittlerweile bin ich um einige YouTubeVideos schlauer und begreife somit die Zusammenhänge hinter diesem kleinen Spülkastenloch besser. Wobei die Sanitärmarke, von der die allermeisten Videos sind, nicht die gleiche ist, die beim vorliegenden Fall verbaut wurde.
Und auch mittlerweile glaube ich gespürt zu haben, dass es irgendwo mal kurz geknackt hatte, eines der kleinen Plastikteile ist gebrochen und in die Tiefe gestürzt. Und somit löse ich die Spülfunktion mittlerweile dadurch aus, indem ich durch das Spültastenloch greife, den oberen Rand des Verschlusskolbens zwischen zwei Finger nehme, ihn nach oben ziehe, ihn dann wieder nach unten drücke, und so lange liebevoll hin und hierruckle, bis kaum mehr Wasser nachrinnt.
Welche Hobbies habt Ihr? Spülkastenverschlusskolbendrückerin wählt erst dann, wenn Ihr andere ausprobiert habt! Mein Ehrgeiz liegt nun dennoch darin, das Innenleben nachkaufen zu können und den Abbau selbst zu wagen. Nicht sehr schlau, das ahne ich ein klein wenig. Aber weil ich mich nun solange mit der Funktion beschäftigt habe, habe ich Verantwortung oder eigentlich: Neugierde erarbeitet. Die will ich wohl zuerst selbst befriedigen, bevor der Fachmann ran darf?
© Eva Hradil 2021-12-29
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