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#tanzen#musik#musikhören

Es braucht drei für Tango

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Es braucht drei für Tango | story.one

Und der Dritte ist der Wichtigste und ist eigentlich der Erste. Und ist noch dazu weiblich. Es ist die Musik. Die Musik ist zuerst da - SIE verursacht den Wunsch, sie tanzen zu wollen. Sie ist die Chefin!

Bei einer Milonga, einem Tangotanzabend, gibt es drei verschiedene Musiktypen: Den Tango, weiters den Tangovals, der wie andere Walzer im Dreivierteltakt notiert ist, aber langsamer als ein Wiener Walzer. Und die Milonga, hier der gleiche Begriff noch einmal, diesmal für eine schnellere Gangart des Tanzes, lebendiger.

Zuallermeist kann man sich darauf verlassen, dass ein/e DJ sich an folgende Anordnung von Tandas hält: Tango - Tango - Vals - Tango - Tango - Milonga - Tango - Tango - Vals etc. Das bedeutet, man kann sich ausrechnen, welche der Musikrichtungen als nächstes kommen wird. Und sich schon dann in die Nähe von TanzpartnerInnen begibt, mit welchen man bevorzugt jenen Musiktyp tanzt. Jemand, der gut Tango tanzt, ist nicht automatisch gut in Vals oder in Milonga. Und umgekehrt. Meist gibt es LieblingspartnerInnen für die jeweiligen Stile.

Und solche, mit welchen man lieber die besonders dramatischen tanzt, weil sie gut den Emotionen folgen können und somit diese Musik besser nutzen.

Das wichtigste Element im Tanz ist die Musik. Sie ist der eigentliche Leader. Sie gibt das Gefühl vor, den Rhythmus, sie macht die Stimmung. Bisher war ich erst einmal in Buenos Aires, dem schwarzen Stein des Tangos, den alle zumindest einmal umkreisen wollen. Dort tanzte ich (auch) mit wunderbaren alten Männern, die seit 50 oder 60 Jahren Tango tanzen. Meine Spanischkenntnisse waren Sätze, die zum Ausdruck brachten, wie mein Vorname lautet und dass ich aus Wien komme. Wie kannst Du so tanzen, wenn Du den Text nicht verstehst, hatte mich einer der Männer verwundert gefragt. So was! Musik ist doch emotional verständlich, dafür braucht es keinen Text, der die Musik illustriert. Die Musik selbst ist der Text. Die Musik ist der Text und unsere Körper sind die Sprachmöglichkeiten, um diesen Text miteinander zu teilen. Uns die Musik gegenseitig zu erzählen.

Die Schritte sind die Buchstaben, die wir zu Sequenzen bzw. Wörtern formieren, die der Musik folgen.

Bei den bisherigen Tänzen, die ich in meinem Leben gelernt habe, tanzte man den Rhythmus. Vielleicht verdoppelt man mal einen Schritt, doch alles ist dem Takt untergeordnet. Im Tango kann man das auch, aber viel schöner noch ist es, die Melodie zu tanzen. Um dabei dann vielleicht den Geigen zu folgen oder lieber dem Bandoneon, der Stimme oder dem Klavier. Oder sogar der Gesamtheit. Darum sehen Tangopaare, die zur gleichen Musik tanzen, so unterschiedlich aus.

Für mich fühlt sich das so an, als könne man in die Musik hinab-/hineintauchen. Nicht nur – wie ein Motorboot am Wellenkamm – im Takt von Welle zu Welle zu springen, sondern wirklich ins Musikwasser hinein zu tauchen. Mit tragenden Strömungen, bunten Fischen und Korallen, Sonne von oben und dem Gefühl von Schweben.

© Eva Hradil 2021-11-02

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