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#garten#teilen#nutzen

Vom Ernten

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Vom Ernten | story.one

Derzeit esse ich mein kleines Tiefkühlfach im kleinen Haus mit dem großen Garten leer. Bewusst, weil ich, bevor die Ribisel (Johannisbeeren) reif werden, das Fach abtauen möchte, und leer haben, für die neue Obstgeneration.

Es ist für mich eine außerordentliche Befriedigung mitten im Jahr einen Ribiselschaumkuchen backen zu können, mit den Früchten, die ich selbst habe wachsen sehen, von grün zu rot werden, die ich geerntet habe, auf der Terrasse sitzend abgerebelt und eingefroren. Oder, wenn sehr viel von einem Obst da ist, Marmelade machen.

Äpfel habe ich so viele, dass ich sie jedes Jahr auch verschenke. Bei jedem Ortswechsel von Land zu Stadt – während der Apfelzeit – habe ich einen Korb mit Obst im Auto, das ich dann an Freunde verteile. Das sind Nahrungsmittel, biologisch gezogen, weil dieser Garten noch nie Spritzmittel oder andere Gifte gesehen hat, die ich nicht einfach verrotten lassen will, sondern die Verantwortung verspüre, sie zu nutzen oder zur Nutzung bereit zu stellen. Einiges davon kassieren die Tiere im Garten. So sind die guten Birnen, bevor sie vom Baum kommen, immer schon mit einem kleinen kreisförmigen Loch versehen, wo die Wespen sich bedient – geerntet – haben. Man kann das als Makel betrachten. Oder als Auszeichnung, weil Wespen sind ja nicht dumm, die wählen die besten Stücke.

Was für ein gutes Gefühl es ist, sich eine Tomate, die bei mir Paradeiser heißt, direkt von der Pflanze zu pflücken, um sie noch sonnenwarm mit jenen Händen zu essen, die dann selbst danach riechen, weil sie an den Blättern angestreift sind und den Duft mittransportieren. Kräuter im Garten zu schneiden und sie frisch in die Küche tragen.

Bald werden die noch kleinen Knöpfe der Köpfe der Pfingstrosen zuerst anschwellen, dann einen rosa Saum zeigen, um dann zu so schönen Blumengeschöpfen zu erblühen. Die das Auge und die Nase erfreuen. Selbst die von der Vase herabfallenden Blütenblätter riechen monatelang so gut, wenn man sie in einer Schale offen hinstellt. Da verschenke ich jedes Jahr einige Sträuße.

Oder ich bringe Rosen mit oder schneide sie für einen Gast zum mit nach Hause nehmen. Ich habe verschiedene, einige noch von meiner Oma gepflanzt. Andere von mir selbst. Und wilde Rosen, die von alleine aufgegangen sind, die allerdings in der Vase rasch lasch werden.

Ich kann Lavendel ernten, sofern ich es übers Herz bringe, ihn den Bienen wegzunehmen, die, sobald er riecht, auch aus ihm eine summende Soundcloud machen. (Und, seitdem ich beobachte, dass all die Nachbarskatzen und unter denen auch die, die mich versklavt hat, die Lavendelpflanzen als Markierungsort wählen, verwende ich nur die hinteren und inneren Teile für Duftkissen …)

Ich ernte im Garten das unmittelbare Miterleben der Jahreszeiten. Ich ernte Vogelgesänge und Blütendüfte oder den Geruch von frisch geschnittenem Gras. Ich ernte sogar Erde, würde ich den Komposthaufen mal wieder bearbeiten. Und immer wieder ernte ich Muskelkater und kleine Verletzungen.

© Eva Hradil 2021-05-25

Gartengeflüster

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