Von GenussSpechten
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Die einzige Zeit im Jahr, wo Vögel nicht baden, ist, wenn das Vogelwasser gefroren ist. Und selbst da täten sie das durchaus versuchen.
Zwischen und unter einer Korkenzieherhasel und einem wilden Rosenstrauch und unweit meiner Terrasse und auch in Sichtweite des Küchenfensters steht das Vogelwasser. Eine flache Schale mit ungefähr 50 cm Durchmesser und fünf Zentimeter hohem Rand.
Da kommen sie zum Trinken her. Zuerst landen sie zumeist in der Hasel und hanteln/fusseln sich von dort talwärts. Schauen sich immer wieder um. Dann hüpfen sie am Boden. Schauen sich wieder um. Hüpfen auf den Rand der Schale. Schauen sich wieder um. Wenn sie sich sicher fühlen, dann senken sie den Schnabel ins Wasser, lassen ihn zuerst volllaufen und dann die Schwerkraft für sich arbeiten, indem sie den Kopf in den Nacken legen, und ihnen das Wasser aus dem Schnabel in den Körper rinnt. Das wiederholt sich einige Male.
Und sie kommen zum Baden. Dann ist die Anreise die gleiche. Vorsichtig. Um sich ins Trinkwasser zu setzen und mit dem Kopf voran ins Wasser zu tauchen. Zwischendurch bewegen sie die Flügel. Wasser perlt, spritzt, leuchtet in der Sonne, wird emsig aus der Schale gepritschelt, vor lauter Genuss.
Wenn im höchsten Baum der Umgebung am höchsten Ast eine Amsel sitzt, oder eigentlich ein AmselEr, weil diese Reviergesänge machen doch die Männchen, da muss ich jetzt gendern, und singt, was das Zeug hält, ich liebe das. Besonders schön machen sie das in der Abenddämmerung. In der Morgendämmerung sicher auch, aber da dämmere ich selbst noch. Melodienfolgen perlen von diesem Baum herunter und glänzen in der Sonne, wie beim Baden das Wasser vom Gefieder. Manchmal pfeife ich es – bewusst und oder auch ganz selbstvergessen – nach. Ich bin auch nur ein Vogel, hab ich das schon erwähnt? Wobei das dumm ist, weil ich ja dem Amselmann nichts streitig machen will. Nur mitsingen.
Wie Menschen auf die Idee kommen ihren Garten mit Musik zu beschallen, kann ich, trotz meiner absoluten und lebendigen Liebe zu Musik, nicht nachvollziehen. Da ist ja schon so viel Musik. Teilweise sogar im Rhythmus, weil die Abstände zwischen den einzelnen Gesängen eine Gleichmäßigkeit haben können. Gesang. Gegurre. Gemeckere. Gezwitschere. Geraschele. Die Fluggeräusche der Türkentauben, der Wildenten, des Spechtes. Manchmal gibt es Starauftritte wie Nachtigall, Kuckuck oder Pirol.
Ich muss in meinem Vorleben ein Vogel gewesen sein.
Geträumte Sequenzen vom Fliegen sind absolut selten. Aber umso stärker die Erinnerung daran. An die Überraschung während des Traumes, dass es klappt. Und die Mischung aus Freude und Sorge, dass die Möglichkeit sich wieder in Luft auflöst, solange man noch in der Luft ist.
Ein ganz klein wenig kann ich aber, ähnlich, wie wenn ich tanzenden Menschen zusehe oder Delfinen im Wasser, etwas von dem Körpergefühl von Fliegen-können ernten, während ich Vögel beobachte. Fliegen, tanzen, tauchen … alles ein bissi ähnlich für mich.
© Eva Hradil 2021-03-31
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