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#garten#katzen#chefin

Von Katze(n)

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Von Katze(n) | story.one

Was „Landstraße“, „Karlsplatz“, „Längenfeldgasse“ oder auch „Stephansplatz“ für das Wiener U-Bahn-Netz sind, ist mein Garten für die Katzen der Umgebung. Ein Umsteigeplatz.

Am hinteren Gartenzaun entlang läuft eine dünne Linie im Gras oder Schnee, ungefähr ein-Pfoten-breit ist dieser Steg, das ist die Nord-Süd-Querung. Unter den Gartenzäunen zu beiden Seiten gibt es locker Platz, um als Katze diese Grenzen zu meistern. Zum linken Nachbarn ist es der eigene Gartenzaun, der 100 Jahre alt ist. Ehrlich. Ein 103 Jahre alter Maschendrahtzaun, Jugendstil quasi, komplett verrostet; und der ist „untenherum“ schon sehr undicht.

Die Ost-West-Querung trifft an der West-Seite auf genau diesen Katzensteg. Und im Osten ist das Eingangstor meines Gartens zur Straße. Dieses besteht in regelmäßigen Abständen aus Luft, dort ist es kein Mängel, sondern von Anfang an so gewesen. Die meisten anderen Grundstücke der Umgebung haben aber dichtschließende Grenzen zur Straße, somit ist dieses Tor auf jeweils ca. 50 bis 70 m die einzige Möglichkeit, um als Katze von der Straße in die Gärten zu gelangen – oder für dumme Katzen umgekehrt.

Mein Garten ist ein Vögelplatz. Also gut für und zu Vögel. Sträucher mit Beeren, Sträucher zum Nester-hinein-bauen, Fruchtstände, die im Winter stehen bleiben, eine Vogeltränke, usw.

Daher verjage ich Katzen im Garten, wenn ich sie sehe. Ich will nicht Zeuge sein, wie diese am Sofa durchaus verschmusten Egoisten zu Mördern aus Langeweile werden, weil der Hunger treibt sie heutzutage selten dazu an. Und der zweite Grund, warum ich GSCH, GSCH zische und mit den Armen rudere, wenn ich auf eine Katze treffe, ist, dass mein Garten als Katzenkisterl missbraucht wird und das – bei so einer Frequenz eines Umsteigeplatzes für Katzen – durchaus ausarten kann.

Vor einigen Jahren will ich gerade wieder zu diesem Geräusch anheben, weil ich eine Katze sichte – und sie mich. Doch sie ist schneller. Sie stellt ihren Schwanz auf lotgenau vertikal, läuft auf mich zu – wie eine alte Freundin und schmiert sich, bis ich überhaupt begreife, was passiert, bereits um meine Beine.

Der Wind ist mir aus den Segeln genommen, ich, während ich sie sofort hochnehmen darf, frage sie: Na hallo?! Wer bist denn Du?

Kurzbeinig, kurzschwänzig und mit einer Art Unterbiss – sie schaut ein bissi seltsam aus, denke ich mir. Doch kurz darauf ist der Liebespakt bereits geschlossen, und ich sehe ihre körperlichen Unausgegorenheiten schon nicht mehr selbst, kann mich nur mehr bestenfalls an diesen Ersteindruck erinnern.

Sie hat in kurzer und längerer Zeit alle meine „aber ins Haus darf sie sicher nicht“, „aber füttern tue ich sie sicher nicht“, „aber über Nacht drin bleiben darf sie sicher nicht“, „aber Katzenkisterl im Haus habe ich sicher nicht“ geknackt. Sie hat mich geknackt. Schon lange bezeichne ich sie als meine Chefin.

Fazit: Ich wurde zur Matratze einer Katze. Zur Dienerin und zur Schülerin. Es gibt Schlimmeres.

© Eva Hradil 2021-03-29

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