Peru - Waschtag am Rio Tombopata
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Ungeduldig hatte ich diesen Abschnitt unserer Peru-Reise erwartet: Mit dem Boot auf dem Tombopata durch den Regenwald! Die Tropensonne brennt auf das Regendach des Bootes und leider auch auf meinen rechten Arm. Der Fahrtwind reicht aus, den Schweiß weg zu trocknen und ich genieße nicht nur den Lunch aus der Bananenblattverpackung, sondern insbesondere die Dschungellandschaft in allen Grüntönen: Gräser, Schilfrohr, wuchernde Ranken und Gehölze schließen sich zu einer grünen Wand ringsumher. Einzelne hohe Bäume überragen mal schirmförmig, mal rank und schmal das dichte Grün, setzen mit knallroten, gelben, violetten oder weißen Blüten bunte Farbkleckse in das Bild. Manchmal findet der Blick schilfbedeckte Hütten oben auf der Uferkante, darunter ein Langbaumboot unten im Fluss, hier wirtschaften Menschen. Heute ist Freitag, mir scheint, es ist der Waschtag am Rio Tombopata: An fast jeder Siedlungsstelle mühen sich zwei bis drei Frauen mit der Wäsche im Fluss ab. Das sieht malerisch aus, aber ich möchte diese Arbeit nicht tun müssen.
Begeistert bin ich vom Anblick der Wasserschweine, wenn sie auf flachen Stellen in Ufernähe lagern. Schwer vorstellbar, dass diese großen, knuffigen Burschen zur Familie der Meerschweinchen gehören, die ich in diesem Land schon auf Tellern im Restaurant gesehen habe. Dass Schwager Mike ebenfalls eines probiert hat, haben wir anderen schwer verurteilt, obwohl wir selber keine Vegetarier sind! Jedenfalls gefallen mir diese Riesenmeerschweine hier weit besser als die bedauernswerten gebratenen Verwandten.
Wo das Flussgefälle stärker wird, ragen Kiesinseln und Steine aus dem Flussbett, während gleichzeitig Baumstämme andere Stellen unpassierbar machen. Dann springen die beiden Begleiter in den Fluss und schieben unser Boot über die Untiefen, es kratzt und schabt dabei bedenklich laut. Ob sie keine Angst vor Krokodilen haben, will ich wissen, doch die beiden versichern mir, dass bis hierher fast nie Krokodile kommen. Einer der Männer zeigt mir einen Riesenotter, der schnell wieder wegtaucht. Vogelsilhouetten schweben vor dem Himmel. Es dürften Papageien sein, wir werden sie später noch beobachten, wie sie Salz aufnehmen.
Nach einigen Stunden Fahrt müssen wir anlegen und uns registrieren, denn der Zugang zum streng geschützten Reservat vor uns ist reglementiert. Unsere Gesichter werden mit den Fotos im Pass abgeglichen, nun erledigen die Guides die Formalitäten und wir vertreten uns die Beine. Es ist himmlisch ohne den Motorenlärm des Bootes. Aus dem Dschungel klingt eine unglaubliche Vielfalt an Tönen und Vogelrufen. Ich entdecke einen fantastisch grünen Frosch, er sieht wie frisch lackiert aus und hat ein filigranes Rückenmuster. Zwei Agutis kommen auf die Wiese, erinnern an große, dicke Hasen ohne Ohren und haben keine Angst vor mir. Ich bin glücklich. Mein größter Kindertraum ist wahr geworden – und fünf Tage im Dschungel liegen noch vor mir.
© Gerda Greschke-Begemann 2021-01-23
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