Gelenkstausch
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Mit dem Tausch eines Gelenks beim Auto wollte ich es vergleichen, wenn ich mir selbst Mut und Zuversicht zusprechen wollte. Nichts Großartiges also, redete ich mir ein. In Wahrheit aber stand mir eine Hüftoperation bevor; ohne Wenn und Aber. Zu sehr hatte sich mein Hüftgelenk mit der Zeit abgenützt. Waren es die lange Zeit intensiver Sportausübung, oder womöglich der Umstand, dass ein Bein etwas verkürzt war, eine genetische Veranlagung vielleicht, oder einfach nur die jahrzehntelange alltägliche Bewegung, die zu einem Gelenksverschleiß geführt hatten? Ich weiß es ebenso wenig, wie die Ärzte es damals wussten. Fest stand, dass das Hüftgelenk durch ein künstliches ersetzt werden sollte. Die ständig stärker werdenden Schmerzen ließen eine andere Wahl nicht zu. Ich hatte also eine Hüftgelenksarthrose, die mir schon seit viel zu langer Zeit das Leben zur Qual machte.
Nach einer Terminvereinbarung für die Operation und einigen Voruntersuchungen war der Tag der Tage gekommen: Ich bezog mein Bett im Krankenhaus. Ein dicker schwarzer, himmelwärts gerichteter Pfeil, der mir an jene Stelle unterhalb der Hüfte gemalt wurde, an der letztlich Hand angelegt werden sollte, diente offensichtlich der Vorbeugung einer Verwechslung des zu operierenden Beines.
Nach einem Kreuzstich stellte sich alsbald eine völlige Taubheit meines Gesäßes und des rechten Beines ein. Hilflos am OP-Tisch liegend stand plötzlich der Primar neben mir – eingehüllt in froschgrüne OP-Bekleidung. Nachdem ich ihm ein „gutes Gelingen“ gewünscht hatte, wurde ich all meiner Sinne beraubt. Irgendwann jedoch verspürte ich ein schmerzloses Rütteln und Zerren und mir war, als hörte ich Geräusche, ähnlich einem Hämmern. Heute vermute ich, dass ich kurzfristig ins Reich der ›Lebenden‹ zurückgekehrt war und denke, der Anästhesist hatte unverzüglich wieder einen OP-tauglichen Zustand hergestellt.
Irgendwann erwachte ich auf der Intensivstation. Im Vorfeld war mir schon mitgeteilt worden, dass ich dort einen Tag verbringen würde. Verkabelt und mit einem Katheter versehen lag ich da; hilf- und gefühlslos. Ich konnte weder mein Bein bewegen, noch verspürte ich irgendetwas in der Region im und um mein Gesäß.
Bald schon wurde ich aufs Zimmer verlegt. Schmerzen verspürte ich zu keinem Zeitpunkt meines Krankenhausaufenthaltes. Die ersten Schritte mit Gehhilfen bereiteten mir keinerlei Probleme. Bald schon bewältigte ich die Stufen hinab zur Cafeteria, und natürlich wieder hoch, zurück auf die Krankenstation. Von Tag zu Tag mehr erwachten all meine Lebensgeister und ich spürte, wie die Kraft langsam in meinen Körper zurückkehrte.
Einen Tag früher als geplant konnte ich das Krankenhaus verlassen. Eine Physiotherapie und konsequentes Durchführen spezieller Übungen machten es möglich, in nur wenigen Wochen völlig schmerzfrei lange Spaziergänge zu unternehmen.
Fazit: Niemand muss sich vor einer Hüftoperation fürchten!
© Harald Hartl 2021-08-19
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