Ein Stück Hoffnung
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Nie hatten wir mehr Zeit zum Nachdenken und Grübeln, als in dieser Corona-Phase. Für uns, die wir altersmäßig der Hochrisikogruppe angehören, ist es nicht so schlimm, wie für die Jungen. Wir haben gelernt, mit weniger Kontakten und gesellschaftlichem Leben auszukommen.
Diese Zeit der Isolation halten wir nach 59 Jahren Ehe locker aus. Auch in dieser Periode sind wir bereit , das Gespräch aufrechtzuerhalten. Uns nicht wegen unwichtiger Dinge aufzuregen. Den Alltag wie gewohnt zu gestalten und wenn möglich, in allem trotzdem das Positive zu sehen.
Mit Freude stellen wir fest, wie kreativ die Menschen in dieser Zeit werden. Wie mehr Nähe innerhalb der Familie zu noch mehr Zusammenhalt führen. Dass Kommunikation einen neuen Stellenwert bekommen hat. Man redet wieder mehr miteinander. Dass so viele Menschen bereit sind, über die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu gehen. Wir erleben, wie so mancher in der schwersten Krise seines Lebens stärker geworden ist. Wie viel mutiger der Einzelne sich dem Schicksal entgegenstemmt. Sie alle folgen der Hoffnung für eine bessere Zukunft. Dadurch lehren sie anderen genau dies: den Glauben daran, dass alles wieder gut sein wird.
Wir denken auch nicht mehr so viel an die Vergangenheit. Uns interessiert mehr das, was noch auf uns zukommen wird. Wir haben Sorge, wie die Jugend mit all den Einschnitten und Begrenzungen zurechtkommt. Sie kennen nicht die Entsagungen, die Ängste ums Überleben, die ihre Groß- und Urgroßeltern schon erlebten.
Was das Kommende bringen wird, können wir alle noch nicht absehen. Doch man flüchtet sich in Wunschträume: Mit den Enkelkindern schmusen. Mit den Kindern wieder essen gehen. Reisen können. Und anderen Menschen ohne schützende Maske begegnen zu können. Damit man sich wieder zulächeln kann, ohne dass der Gesichtsausdruck isoliert ist. Um denen, die einen Platz in unseren Herzen haben, unsere Verbundenheit mit einer Umarmung ausdrücken zu können.
Es passiert jetzt so viel Ungewohntes. Neue Ängste sind entstanden. Menschen müssen ohne den Beistand ihrer Liebsten von dieser Welt gehen. Da braucht es wahrlich einen anderen Blick darauf, was die Werte des Lebens sind: Gesundheit. Ein Miteinander in Respekt und Anteilnahme. Achtsamkeit gegenüber Mensch, Tier und Natur.
Es braucht die Bereitschaft, uns mehr denn je einzusetzen für das, was uns am Herzen liegt. Womit wir uns und anderen Freude bereiten können.
Es braucht vor allem die Hoffnung, dass ein anderer aus höherer Sicht mithilft, die Aufgabe, vor der wir alle in dieser Zeit stehen, zu unserem Besten zu lösen.
© Heidrun Siebenhofer 2020-04-20
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