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Gesichter, die mir begegnen ….

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Gesichter, die mir begegnen …. | story.one

Irgendwann im Laufe der letzten Jahre wurden die Gesichter der Menschen anders. Bei den meisten von ihnen. Betrachtet man sie bewusst, dann könnte man meinen, man lebt nicht mehr dort, wo man schon immer gelebt hat. Ein trostloser Ausdruck als Erkennungszeichen des modernen Menschen. Oder sollte ich besser sagen: des von der Pandemie und von der allgemeinen Angst gezeichneten?

In letzter Zeit versuche ich Menschen, denen ich begegne, bewusster wahrzunehmen. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass sich im Laufe der letzten Jahre unser Wesen veränderte. Corona und die Erfahrungen eines Kriegs in unmittelbarer Nähe haben Spuren hinterlassen. Nicht nur am Äußeren, vor allem an unserer Seele. Doch sie wiederum spiegelt uns. Man sieht es an der Ausstrahlung des Gegenübers, am Gang, an den Augen, dem Blick. Ob Mann, Frau, jung, alt, dünn, weniger dünn. Wie abwesend oftmals der Blick über einem hinweg gleitet, obwohl man sich seit langem kennt.

Man geht aneinander vorbei, ohne den Grund für die Trauer des anderen wissen zu wollen. Man sieht nicht die Falten im Gesicht von jemandem, den man länger nicht gesehen hat. Mitmenschen begegnen uns oft mit einer Gleichgültigkeit, die vermutlich als Selbstschutz dient. Auch ohne sichtbar eine Maske zu tragen, verbergen viele ihre wahren Gefühle hinter einer solchen. Nur niemanden wissen zu lassen, wie einem zumute ist! Nicht zeigen, wie verletzlich man ist, welche Ängste einem plagen. Wie sehr die Seele leidet. Wenn man sich die Zeit nehmen würde, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen, würde man es erkennen und könnte helfen. Oft würde schon genügen, einfach nur zuzuhören.

Wir sind meist zu abgelenkt, um den Blick für das Wesentliche zu behalten. Um das Dahinter, das sich im Ausdruck eines Gesichtes zeigt, zu erfahren. Das würde uns die Augen dafür öffnen, was wirkliches Glück bedeutet: Eine Familie, die zusammenhält, am Morgen gesund aufzuwachen, in Sicherheit und in Frieden zu leben, eine Heimat zu haben, in der man willkommen ist.

Wenigen Gesichtern sieht man die Freude an, zu leben. Die einen Gruß mit einem Lächeln erwidern, das auch die Augen erreicht. Deren Seele sich an der Wärme der Sonne, an den Blumen, den bunt sich färbenden Bäumen erfreut. An das Glück, Menschen zu haben, die einem lieben. Unsere Seele speist sich nicht durch materiellen Reichtum oder Anerkennung. Unsere Seele braucht die Liebe, um zu strahlen. Die Liebe zeigt uns, was im Leben wirklich zählt. Es ist das Sich-Besinnen auf unsere wahren Werte.

Und die sind in uns, nicht um uns!

Bild. Pixabay

© Heidrun Siebenhofer 2022-10-16

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