Mit Onkel Franz im Casino
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Mein Bruder Günther war ein geselliger Mensch, der gerne oft und maßlos übertrieb. Stets hatte er den größten Fisch gefangen, traf beim Kegeln in die Vollen, und war bei jedem Glücksspiel der Gewinner. Doch das Schicksal schlägt zu, wenn man es am wenigsten erwartet. Diese Erfahrung blieb auch ihm nicht erspart. Als Günther wieder einmal sagte, wenn er Geld brauche, müsste er nicht auf die Bank, er könnte genau so gut ins Casino gehen, wurde es ernst für ihn. Denn Onkel Franz nickte zustimmend mit dem Kopf und meinte trocken: „Das will ich sehen!“ Damit hatte mein Bruder nicht gerechnet.
So kam es zum Casino Besuch der Beiden. Der Schilderung meines Bruders nach, war es nicht nur für sie beide ein nachhaltiges Erlebnis. Die Bediensteten des Casinos dürften es ähnlich gesehen haben. Wie die beiden Landmenschen in ihrem Jägeroutfit dort auftauchten, war schon ein Bild für Götter. (Mein Bruder gab diese Geschichte bei jedem Familientreffen zum Besten.) Während Günther stur den Blick nach vorne richtete, grüßte Onkel Franz freundlich nach allen Seiten „Servas miteinanda“ , und fühlte sich auf dem glatten Parkett sichtlich wohl.
Brüderchen machte sich gleich wichtig und erklärte dem gänzlich unerfahrenen Onkel bedeutsam die Grundregeln des Roulettes, spielte ein paar Runden, während Onkel gespannt zuschaute. Als Günther nach zwölf Runden immer noch nichts gewonnen hatte, sagte er konsterniert: „Das verstehe ich nicht. Auf fast allen Zahlen liegt zumindest ein Jeton, aber es kommt immer genau so eine Zahl, wo keiner drauf liegt.“
Onkel antwortete nur mit einem knappen „Aha.“
Nach einer gefühlten Ewigkeit drängte sich Onkel Franz vor und klopfte dem Croupier mit dem Zeigefinger auf die Schulter (man stelle sich das bildlich vor!), hielt ihm einen 100 Schilling Jeton hin und sagte: „Setzen, bitte schön“. Der Croupier fragte: „Ja guter Mann, worauf denn?“
Onkel: „Jo auf des, wo nix drauf liegt“.
Der Croupier schaute auf den Tisch und fragte: „Auf die 18?“
Onkel Franz. „Ja, genau.“
Was denken Sie, welche Zahl gekommen ist? Natürlich die Nummer 18. Onkel Franz strahlte und gab ein trockenes „Na, do schau her“ von sich. (Setzt man nur auf eine Zahl und die kommt, gewinnt man das 35-fache und auch noch seinen Einsatz zurück). Nachdem er seinen Gewinn von 3500 Schilling eingesteckt hatte, gingen die beiden an die Bar. Jetzt brauchte Günther erst einmal einen gehörigen Schluck Schnaps auf den Schock. Onkel Franz gönnte sich ein Bier, trank es seelenruhig aus, lächelte spitzbübisch und sagte in seiner ihm eigenen Art: „So, jetzt passt‘s. Fohrn ma wieder ham.“
© Heidrun Siebenhofer 2020-06-23
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