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Onkel Franz und die Jagd

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Onkel Franz und die Jagd | story.one

Onkel Franz ist nicht mehr der Jüngste. Er hat bereits die Achtzig überschritten, ist aber gut beieinander, was das Körperliche betrifft. Ab und zu hapert es ein wenig mit der Erinnerung. Das wird so manches Erlebnis von ihm geschönt oder dem Nebel der Vergesslichkeit übergeben.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als Onkel Franz vor langer Zeit beschloss, die Jagdprüfung zu machen. Ihm gefiel, wenn Bekannte von ihren Jagderlebnissen erzählten und dass anschließend die Nachbesprechungen in den diversen Gasthäusern bis in die frühen Morgenstunden stattfanden. Sollte natürlich heißen, dass nach jeder Jagd einiges ordentlich hinter die Binde gekippt wurde. Am liebsten erzählte er von den Erlebnissen während des Kurses.

Da von der Familie niemand dabei war, mussten wir notgedrungen die Geschichten glauben, die Onkel Franz anschließend zum Besten gab.

„Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Wirrköpfe beim diesem Vorbereitungskurs dabei sind“, erzählte er eines Tages. „Man möchte meinen, gestandene Mannsbilder wie der Huber Hermann, von Beruf Elektromeister, wüssten von Haus aus, dass für einen Jagdschein einiges gelernt werden muss. Aber meint ihr, der schaut einmal in die Unterlagen?“

Auf unsere Nachfrage erzählte er: „Fragt ihn doch letztens der Kursleiter, was er tun würde, wenn plötzlich auf einem Parkplatz eine Wildsau vor ihm stünde. Was glaubt ihr, hat der Hermann geantwortet?“

Schulterzucken bei uns Zuhörern. „Ja, was denn?“

Er antwortete: „Ich würde den Kofferraum von meinem Auto öffnen und den Elektroschocker herausnehmen. Schließlich bin ich vom Fach. Da garantier i, dass de Sau auf'm Absatz kehrt macht und in den Wald z’ruckrennt.“

Onkel lachte polternd, ehe er meinte: „So ein Idiot, der Hermann. Wo es doch bei uns gar keine Wildsäu mehr gibt…!“

Onkel Franz bestand die Prüfung bravourös.

Auf unsere Frage, ob der Hermann auch die Prüfung bestanden hätte, sagte er: „Stellt euch vor, er hat sie bestanden. Doch einer anderer vom Kurs – ich sag nicht welcher Organisation er angehört – hat auf die Frage des Prüfers: „Was machen Sie, wenn Ihnen auf der Alm ein wütender Stier entgegenkommt?“ geantwortet: „Dann gebe ich drei Warnschüsse ab"

"Und dann?" hat der Prüfer wissen wollen

Seine Antwort drauf war: "Dann kriegt er den Fangschuss!“

Großes Gelächter unsererseits, doch Onkel hatte noch etwas auf Lager. Der Prüfer hat ihm noch eine Chance gegeben und gefragt: "Was bedeutet der Warnhinweis auf einem Straßenschild mit einem Hirsch in der Mitte und dem Text:" 150 m Wildwechsel"

Nach kurzem Nachdenken die Antwort: "Alle 150 Meter rennt ein Hirsch über die Straße!"

Der Prüfer hat ihn unmissverständlich aufgefordert, den Kurs in einigen Jahren noch einmal zu besuchen.

Ja, unser Onkel Franz kann viel erzählen...

© Heidrun Siebenhofer 2020-07-04

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