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#liebe

Verlorene Nähe?

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Verlorene Nähe? | story.one

Was empfinde ich bei dem Gedanken an Nähe?

Dazu gab und gibt mir diese Pandemie genug Gelegenheit, diesem Gefühl nachzugehen. Zu Beginn der Coronazeit war Nähe viel mehr zu spüren: Es gab die Nachbarn, die ihre Hilfe anboten. Selber telefonierte man fast täglich mit Freunden und Verwandten, um zu fragen, wie es ihnen geht. Doch je länger dieser Ausnahmezustand andauert, desto mehr kommt das Gefühl von Nähe abhanden. Das Klima in unserer Gesellschaft ist zunehmend rauer geworden. Bei vielen haben die vergangenen Monate tiefe psychische Spuren hinterlassen.

Immer mehr verdichtet sich der Eindruck, als verlieren viele von uns den festen Stand. Als wanke der Boden unter uns ein wenig. Und ein neues Gefühl greift mehr und mehr um sich: Sehnsucht!

Sehnsucht nach Stabilität. Nach dem Wissen, alles ist wieder gut. Wir haben doch nicht nur einmal in unserem Leben Stürme überstanden. Wir sind an vielen Herausforderungen gewachsen und dabei innerlich stärker geworden. Wir wollen wieder in unseren eigenen Spuren wandeln, auch wenn sie nicht mehr die alten sein werden. Vieles wird mehr so sein, wie es einmal war. Doch nah zu sein, sich nah zu fühlen - das bleibt.

Nähe ist ein unsichtbares Band, das verbindet. Sie ist eine Medizin für unsere körperliche, geistige und seelische Gesundheit. Denn sie besitzt heilende Kräfte. Und die Wahrheit ist: Nähe muss ich nicht suchen.

Ich kann sie in mir finden. Im Frieden meines Herzens. Dort ist Nähe Selbstliebe. Gelegentlich wechselt sie die Farbe, manches Mal sogar die Form. Doch niemals verschwindet sie ganz.

Es liegt also an mir, wie ich damit umgehe. Lasse ich eine solche Nähe zu mir zu? Liebe ich mich genug, um den Widrigkeiten des Lebens die Stirn bieten zu können? Ist es nicht so, dass nur Nähe verloren geht, um die ich mich zu wenig kümmere?

Wenn ich nicht weiß, wer ich bin? Wenn ich mich nicht annehme, wie ich bin? Wenn ich immer nur sehe, was fehlt. Und nicht das, was ohnehin da ist!

Manchmal könnte ich schon ein Vergrößerungsglas brauchen, um die Dinge zu sehen, die immer da sind: Mein großartiges Leben, meine Familie, meine Gesundheit, meine Kreativität! Zum Glück ist das nur sehr selten notwendig.

Ich brauche nicht Sehnsucht nach der Nähe zu haben, wie ich sie vor einiger Zeit spürte, ich muss nur erkennen, dass mir nichts so nah ist, wie meine Liebe zu mir. Niemals kann ich anderen Menschen so nahe sein, wie mir selbst! Niemals kann verloren gehen, was immer in mir da ist – nichts, solange ich atme!

© Heidrun Siebenhofer 2021-08-08

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