Handwerker im Glück
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Wenn ich ans Handwerken denke, fällt mir spontan das köstliche Lied von Reinhard Mey ein: Männer im Baumarkt. Ich höre es mir manchmal an und muss immer wieder herzlich lachen, weil es so zutreffend und humorvoll ist.
Bestimmte Projekte brauchen wirklich viele Schritte und so manche unerwartete Hürde ist am Weg zu nehmen. So erging es mir mit meinem Küchenboden. Der hatte sich vor längerer Zeit an einer Stelle leicht aufgewölbt. Beim Darübergehen gab der Boden dann etwas nach. Ich kontaktierte einen Freund, der viel praktische Erfahrung hat und wir beratschlagten, was zu tun sei. Viele Ideen wurden gewälzt, doch mir graute bei dem Gedanken, was mich erwarten würde, wenn ich den Küchenbelag an dieser Stelle aufschneiden würde.
Darum entschloss ich mich, es mit einem schweren Gewicht zu versuchen. Ich platzierte den Betonfuß meines Sonnenschirms einige Tage genau an der besagten Stelle. Der Boden ging nach unten. Nach einer Woche entfernte ich das Betongewicht. Die Wölbung war zwar etwas gemildert, aber das Problem nicht gelöst. Mehrere Monate vergingen, ich lebte mit diesem Provisorium, konnte das Problem jedoch nicht übersehen, weil ich täglich darüberging.
Irgendwie finde ich es spannend, wie mein Unterbewusstsein manchmal arbeitet. Oft tut sich lange Zeit nichts. Doch dann gibt es eine Initialzündung und alles ist wie verwandelt. Mich blockierte lange Zeit die Vorstellung, was es für eine Arbeit bedeuten würde, den alten Belag zu entfernen, den Unterbau zu reparieren und einen neuen Belag entlang von Kücheneinrichtung und Küchengeräten exakt hineinzuschneiden.
Meine zündende Idee war, Vinyldielen zu verwenden. Diese sehen wie Holzdielen aus und haben eine Größe von etwa 120 x 18 cm und man kann sie auf einen bestehenden Belag verlegen. Ich vermaß die Küche, besorgte die Dielen, war top motiviert. An einem Nachmittag schnitt ich mit leichtem Herzklopfen den Belag auf, entfernte die gewölbte Holzplatte und ersetzte sie durch eine neue. Am nächsten Tag verlegte ich die Vinyldielen.
Einige knifflige Stellen, wo ein Schablonenschnitt erforderlich war, habe ich offen gelassen. Da half mir kurze Zeit später mein Freund. Als die letzte Diele passgenau eingesetzt war, haben wir gestrahlt, wie zwei Männer im Baumarkt - ein umwerfendes Gefühl, wenn das Projekt zufriedenstellend erledigt ist.
Foto - jeshoots / Unsplash
© Karl Ebinger 2022-05-21
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