11. Der Nervenarzt
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Meine Frau sagte zu mir, ich soll zu unserm Hausarzt Dr. Weber fahren. Der hĂ€tte mit mir zu reden. Ich fuhr gleich am Nachmittag zu ihm und er sagte mir: "Herr Mikula, ihre Frau ist nervlich sehr krank. Ich habe schon mit dem Nervenarzt gesprochen. Er kommt sofort, wenn sie einverstanden sind." "Ja", sagte ich, "ich fahre voraus und er soll nachkommen. "Dr. Weber erklĂ€rte auch: "Ihre Frau wird man wahrscheinlich heute noch in die Nervenklinik einliefern mĂŒssen. Sie könnte nĂ€mlich gewalttĂ€tig werden." "Aber sicher nicht, Herr Doktor. Ich kenne doch meine Frau schon Jahre und gewalttĂ€tig war sie noch nie. Herr Doktor, ich will nichts anderes, als dass der Nervenarzt ihr heute Tabletten verschreibt, dann wird alles gut werden." Ich durfte nicht weiterdenken und war den TrĂ€nen nahe. Denn ich liebte Elfriede.
Ich war mit ihr beim Tisch im Esszimmer und erklĂ€rte ihr, dass der Nervenarzt kommen werde und ihr gute Tabletten fĂŒr ihre Unruhe geben wird. "Ja", sagte sie. Der Arzt kam bald, setzte sich zu Elfriede und fragte sie freundlich dies und das. Er schrieb auf seinem Notizblock in Stenografie mit. Ganz erregt sagte Elfriede zu ihm:"Was schreiben sie da, das ich nicht lesen kann?" Und im nĂ€chsten Moment streifte sie seine Hose an seinem FuĂ hinauf, zupfte blitzschnell ein paar Haare von seinem FuĂ und meinte: "Schauen sie, Herr Doktor, was ich da habe." Erschrocken zog der Arzt seinen FuĂ zurĂŒck, schaute Elfriede nur streng an, stand auf und sagte zu mir: "Herr Mikula, ich gehe jetzt. Sie wissen ja, wo sie mich finden. Ich fahre noch zum Hausarzt Dr. Weber." Wie der Nervenarzt schon bei der TĂŒr drauĂen war, schrie Elfriede ihm nach: "Sie Mörder! Sie wollen mich umbringen!"
Sie war kaum zu beruhigen. "Liebe Elfriede, bitte, er will dir ja nur helfen. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin ja da und keiner wird dir was antun!" Dieser Nachmittag und auch die Nacht waren schrecklich. Elfriede kroch am Boden herum, ganz weiĂ im Gesicht. Sie suchte hinter und unter den KĂ€sten irgendwelchen Staub, der gegen sie war. Ich kroch schon selber mit und versuchte ihr zu erklĂ€ren, dass nichts gegen sie ist. Doch sie kroch weiter. Ich ging zum Tisch und konnte die TrĂ€nen nicht mehr halten. Ich weinte KrĂ€mpfe schĂŒttelnd laut in meine beiden HĂ€nde.
An einem Abend, an dem Elfriede gewalttĂ€tig wurde, rief ich dann den Arzt an und fragte, was ich machen soll. Es war zwei Uhr frĂŒh. "Herr, Mikula, ich weiĂ, dass sie ihre Frau daheim behalten möchten, aber wenn sie ihr noch irgendwie helfen wollen, dann lassen sie ihre Frau noch heute in die Nervenheilanstalt bringen." Um 2.30 nachts holte man Elfriede ab.
Elfriede wehrte sich und schrie. Beide WĂ€rter hatten MĂŒhe, sie zu begleiten. Ich war selbst am Boden zerstört und weinte und weinte. Ich liebte meine Frau sehr und es brach mir das Herz.
© Kurt Mikula 2019-08-30
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