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#hochzeit#liebe#studenten

Der versäumte Heiratsantrag

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Der versäumte Heiratsantrag | story.one

Mein erster Tag als Student. Ich stellte mich meinen Mitstudenten vor: "Ich heiße Kurt, bin 22 Jahre alt und komme aus Hard am Bodensee." In der Pause meinte eine Mitstudentin, mit einem unglaublichen Lächeln (hat sie immer noch) und schwarzen langen Haaren (hat sie nicht mehr), zu mir: "Hey Kurt, Kurt passt nicht zu dir. Ich nenne dich Benjamin." Seit diesem Zeitpunkt rief man nur noch: "Da kommt Benji mit seiner Gitarre."

Mit dem hübschen Mädel verstand ich mich gleich gut und wir zogen in den nächsten Monaten unzertrennlich durch die Stadt. Rein platonisch. Man konnte mit ihr Pferde stellen. Irgendwann waren wir aber doch ein Paar. Liebe auf den zweiten Blick.

Mit Xandl, meinem Freund, machte ich Straßenmusik in der Grazer Fußgängerzone. Wir sangen im Bregenzerwälder Dialetk: "I wäsch mi Füas im subra Wasser. Ich wäsch mi Füas, so guat i ka. Und subert wärend mine Zeha. Dafür stinkt nocha denn die ganz Bregerzer Ach." Für all jene, die des Vorarlberger Dialektes nicht mächtig sind, hier die Übersetzung: "Ich wasche meine Füße im sauberen Wasser. Ich wasche meine Füße so gut ich kann. Und sauber werden meine Zehen. Dafür stinkt danach die ganze Bregenzer Ache." Während wir lauthals sangen, stampften wir mit unseren Füßen im vorbereiteten Wasserkübel kräftig im Takt mit. Ein Passant war von unserer archetypischen Darbietung derart begeistert, dass er gleich 20 Schilling in unseren Hut warf. Er glaubte, wir machen Wahlwerbung für Kaspanaze Simma. Der erste Vorarlberger Grüne, der als Abgeordneter in den Landtag einzog.

Am Ende unseres Studiums fragte uns ein befreundetes Studentenpaar, ob wir nicht mit ihnen heiraten wollten. Eine Doppelhochzeit! Ein Fest! Super! Esther und ich liebten Feste. Wir willigten gleich ein.

Am 1. August 1987 war Hochzeit, am Schweizer Nationalfeiertag (was insofern relevant ist, weil Esther in der Schweiz geboren ist). Wir mieteten für eine Woche das bischöfliche Gymnasium in Tanzenberg, mit Kirche. Für uns, ein Burgenländer, eine Tirolerin, ein Vorarlberger und eine Kärntnerin (Esther war inzwischen zur Oma nach Kärnten gezogen) schien das der ideale Platz für die Doppelhochzeit. Mitten in Österreich. Wir gaben ein buntes Bild ab. Unser Freund trug einen schwarzen Anzug, sie ein weißes Brautkleid. Esther ein buntes, selbst entworfenes und geschneidertes Kleid und ich eine schwarze Leinenhose, ein weißes Opahemd, ein geliehenes Gilet und Jesuslatschen. Unsere Freunde spielten zur Lesung ein indianisches Märchen und ich sang in der Kirche unser Mottolied "Ich hab ein zärtliches Gefühl" von Herman van Veen. Genauso möchte ich wieder heiraten. Was natürlich nicht geht. Wenn du verstehst was ich meine ;).

Vor ein paar Jahren kam mir erstmalig in den Sinn, ich habe meiner Frau nie einen Heiratsantrag gemacht. Ist damals untergegangen. Wir liebten uns eh. Jetzt nach 32 Jahren wird´s erst richtig spannend, wenn ich sie frage: "Willst du mich noch?"

Bild: Unser Hochzeitsbild 1987

© Kurt Mikula 2019-07-25

whatisloveMann und FrauLiebe anders.

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