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#lehrer#religion#glaube

Mein Kreuz mit der Kirche

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Mein Kreuz mit der Kirche | story.one

Ich hatte gerade meine Ausbildung zum Religionslehrer in Graz abgeschlossen und wollte wieder zurück nach Vorarlberg. Zuvor hatte ich dort schon als Pfarrsekretär in Bregenz und auf der Jugendstelle der Katholischen Jungschar in Feldkirch gearbeitet. Jetzt wollte ich dort als Religionslehrer unterrichten. Da kam ich zum ersten Mal mit der Kirchenpolitik in Berührung.

Beim Vorstellungsgespräch mit den drei Kirchenamtsträgern wurde mir erklärt, dass leider keine Stelle frei ist. Was nicht stimmte. Am Polytechnikum Bregenz gab es wegen Lehrermangel keinen Religionsunterricht. Auch meine Frau, die aus Kärnten kam, wurde nicht angestellt. Man sagte uns, wir sollten es in einer anderen Diözese versuchen und so in drei Jahren könnte man weiterschauen.

Ich habe damals nicht verstanden warum uns die Anstellung verweigert wurde. Ich war nur enttäuscht und wütend. Heute vermute ich, dass meine Mitarbeit in der Studentenzeitung, in der ich frei gegen den Zölibat schrieb, ausschlaggebend war. Auch meine Frau hatte während der Studentenzeit eine Unterschriftenaktion für eine Religionslehrerkollegin gestartet, die nicht angestellt wurde. Sie war nämlich mit einem Priester liiert. Von Kirchenpolitik hatte ich keine Ahnung. Ich war naiv.

Unser Direktor der Religionspädagogischen Akademie in Graz empfahl uns Salzburg. Dort war ein liberaler Bischof. Und da haben wir uns beworben. War kein Problem. So sind wir nach St. Martin bei Lofer gekommen. Mit meinen langen Haaren bin ich in dem kleinen Dorf natürlich gleich aufgefallen. War aber auch kein Problem. Wir wurden herzlich aufgenommen.

Eines Tages las ich in den Nachrichten einen Artikel, in dem der neue Bischof "Aids" als Krankheit bezeichnete von der man geheilt werden kann, wenn man nur richtig will. Wie der Zufall es wollte, kam am nächsten Tag die Kirchensteuervorschreibung ins Haus geflattert. Ich habe daraufhin gleich den ganzen Jahresbetrag an die Aids-Hilfe-Salzburg überwiesen. Eine Kopie der Überweisung schickte ich an die Kirchenbeitragsstelle. Der Leiter der Kirchenbeitragsstelle rief mich sofort am nächsten Morgen an und sagte: "Das geht nicht. Als Religionslehrer schon gar nicht.". Ich fragte was jetzt passiert. Er meinte, dass er eine Klage einreichen müsse. Ich bat darum, denn er war rechtlich im Recht, ich moralisch. Machte ihn aber aufmerksam, dass ich die Sache dann öffentlich mache. Das war dann doch zuviel für ihn. Mit dem Finanzkammerdirektor führte ich ein gutes Gespräch. Er verstand die Problematik und wir sprachen auch über die Zweckwidmung des Kirchenbeitrages. Seitdem überweise ich meinen Jahresbeitrag an die Katholische Jungschar in Salzburg.

Heute bin ich dankbar, dass ich in Salzburg bin. Ich unterrichte an einer freundlichen Schule mit liebenswerten Kindern. Und das mache ich gerne. Und meinen Glauben habe ich auch nicht verloren. Der ist stärker als die Amtskirche.

© Kurt Mikula 2019-07-22

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