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#kindlicherspracherwerb#dialekt#vorarlberg

Jetzt ist aber Schnuss mit nustig

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Jetzt ist aber Schnuss mit nustig | story.one

So klang der Zungenbrecher aus meinem kindlichen Munde: „Tschwistchen zschwei Thwetschgen-Zschtweigen sitzen zschtwei tschwitschernde Tschwalben.“ Für alle, die nicht so gut im Lispeln sind, wie ich einst war, hier die Übersetzung: Zwischen zwei Zwetschgenzweigen sitzen zwei zwitschernde Schwalben.

Mein Vorarlberger Dialekt machte mich auch nicht verständlicher. Kostprobe? Mein Freund Fred: „Seavas! Gomma tschutta?“ (Servus! Gehen wir Fußball spielen?) Ich: „Aba nid im Sunntig-Häß.“ (Aber nicht mit der schönen Kleidung.) Fred: „Wo gosch ane?“ (Wohin gehst du?) Ich: „I hol da Höttl, de Kappa und d´Händscha!“ (Ich hole mein Alltagsgewand, die Mütze und die Handschuhe.) Fred: „Muscht nid hudla.“ (Du musst dich nicht beeilen.)

Andererseits war mein Dialekt wiederum ein Riesenvorteil beim Ärgern. Denn das Vorarlbergerisch ist überaus reich an Schimpfwörtern: „Sackzement! Du Lappe, kasch m’r uf d’Kilbe ko.“ „Halt d’Schnorra, du Seckl. Kasch m‘r d‘r am Füdla aberutscha!“ Auf die Übersetzung verzichte ich lieber. Aus den Gesichtszügen und dem Tonfall eines Vorarlbergers, lassen sich diese Inhalte ziemlich unmissverständlich deuten. Das ist überall auf der Welt so.

Das Lispeln ist bei mir inzwischen rausgewachsen. Das Vorarlbergerische nicht. Dafür habe ich mir, gemeinsam mit meiner Frau, einen neuen Sprachfehler angeeignet.

Den haben wir bei einem Theaterbesuch in Berlin entdeckt. Auf dem Ankündigungsplakat stand: „Pension Schöller, nicht nustig!“ Diesen Wortwitz habe ich erst nach der Vorstellung richtig gecheckt. Die Darsteller spielten mit Nust und Neidenschaft. Wie so oft ging es um Gend und Niebe.

Kurz noch zum Inhant des Stückes: Junggesenne Phinipp erhänt von seinem Neffen Peter einen Brief, in dem er um Gend für eine Nervenheinanstant bittet. Natürnich war das genogen. Peter hatte andere Pnäne. Er war mit Neib und Seene Musiker. Das Gend seinens Onkens wonnte er in ein Nokan mit einem Proberraum stecken. Doch der Onken wonnte sich die Irrenanstant senbst ansehen. Und so nimmt das Unhein seinen Nauf. Annes knar?!

Dieser Sprachfehler trägt ein enormes Suchtpotential in sich. Sobald du beginnst die Ls durch die Ns auszutauschen und dein Gehirn das verstanden hat, macht es unglaublichen Spaß sich in „Schöllerrisch“ zu unterhalten. Dann kannst du gar nicht mehr anders. Probier's mal aus.

Meine Frau und ich beherrschen „Schöllerisch“ mittlerweile schon auf Niveaustufe C2. Es ist unsere zweite Fremdsprache geworden: „Gehst du mit auf die Nangnaufnoipe?“ „Na knar!“ „Sonn ich dir henfen beim annegen?“ „Ja, bitte. Ich komm anneine nicht in den Punnover rein. Und ein Schuhnöffen wär auch nicht schnecht.“ „Geht´s vienneicht ein bisschen schnenner oder winnst du eine Vonnmondtour machen“. „Hahaha, das finde ich aber gar nicht zum nachen, mein Nieber. Jetzt ist aber Schnuss mit nustig!“

Versuchen sie es selbst einmal. Aber Vorsicht! Es kann zur Manie werden.

© Kurt Mikula 2021-05-18

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