Catwoman
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Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Freunde und ich voller Energie und Tumult durch die Straßen unseres Dorfes zogen. Spielplatz? Nichts für uns. Wir erkundeten lieber die dunkelsten Ecken und finstersten, verlassenen Häuser. Wir fühlten uns wie die größten Entdecker und nichts und niemand konnte uns von unseren Abenteuern abhalten.
Unser Lieblingsplatz befand sich am Rande des Dorfes. Ein altes, herabgekommenes Häuschen. Der Efeu, welcher das Haus umkleidete, ließ es geheimnisvoll und gerade zu märchenhaft wirken. Es war ein verlassenes Haus. Meine Mutter erzählte mir, dass hier einst ein altes Ehepaar wohnte, doch diese verstarben. Seitdem war das Haus leer. Meistens. Denn hin und wieder waren es Katzen, die ihre Runden in den Zimmern machten. Es war keine Seltenheit, dass wir dachten, die Katzen wären Geister und wir anschließend schreiend nach Hause liefen. Es waren aber nicht nur die Katzen allein, die uns Angst einjagten. Hin und wieder sahen wir eine Frau, die zum Häuschen hinspazierte. Von weiten wirkte sie alt. Sie hatte einen Buckel und trug immer ein rotes Kopftuch. Oft schon hatten wir uns Geschichten über sie ausgedacht. In einer war sie eine Hexe. In der anderen eine Diebin. Einmal sogar ein Geist. Doch wer war sie wirklich?
Immer wenn sie Richtung Haus ging, oder wir sie durch das Fenster sehen konnten, wie sie auf den alten Sessel saß und begann Dinge aus dem Korb herauszunehmen, wussten wir, das wir heute nicht in das Haus eintraten. Die Angst war zu groß, dass eine der Geschichten der Wahrheit entsprechen könnte.
Doch eines Tages war es anders. Immer öfter kam die Frau zum Häuschen und verbannte uns somit von unserem allerliebsten Spielplatz. So fassten wir unseren ganzen Mut zusammen und betraten das Haus. Wir hielten uns ganz fest an den Händen. Von den mutigen, angstlosen Entdeckern war keine Spur mehr. Wir öffneten zittrig die Tür zum Zimmer. Da saß sie, umringt von den ganzen Kätzchen. Wie eine Mutter umkreist von ihren Kindern, saß sie im Sessel, fütterte und liebkoste sie.
,,Hallo! Kommt herein!", sagte die alte Frau mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie wusste, wer wir sind und so begannen wir ein Gespräch mit ihr. Sie erzählte uns, dass sie eine Freundin des verstorbenen Paares war und nun alle paar Tage vorbeikam, um sich um die hinterlassenen Katzen zu kümmern. Die Frau hatte etwas sanftes und liebevolles an sich. Man konnte ihr stundenlang zuhören und so saßen wir, meine Freunde, ich und die Kätzchen mit der Frau im Zimmer bis es dunkel wurde. Schließlich verabschiedete sie sich und bat uns darum, auf die Katzen aufzupassen, falls sie nicht mehr kommt. Sie kam noch ein paar mal und dann übernahmen wir Kinder wie versprochen die Aufgabe.
Wie sie hieß und woher sie kam, erzählte sie uns nie. ,,Wie nennen wir sie nun?", fragte einer meiner Freunde. ,,Die Catwoman", antwortete ich, während wir die Tür zum Zimmer öffneten und uns die Kätzchen freudig entgegenstürmten.
© Lovisa 2021-05-14
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