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#freundschaft#surfen#leidenschaft

Große Wellen schlagen

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Große Wellen schlagen | story.one

Mein Freund Tom und ich beschließen, surfen zu gehen. Was die Beach Boys besingen, das können wir schon längst. Der Surfspot unserer Begierde ist schnell gefunden. Toms Onkel lebt in Florida in einem Haus am Strand. Besser geht es nicht. Wir buchen ungeduldigst einen Flug und freuen uns wie Schneemänner auf die bevorstehende Reise und die Wellen. Als erfahrene Skate- und Snowboarder verzichten wir auf Surfunterricht. Sorry, so schwer kann das doch nicht sein.

Während des Fluges studieren wir Surfmagazine. Wir bewundern die Surfer, die auf den “Big Waves”, den 20 Meter hohen Riesenwellen, surfen. Ob unserer Coolness entscheiden wir, uns diese hohen Wellen für später aufzuheben. Wir lesen auch von seltenen Haiattacken. Doch wir sind sicher, dass die Wahrscheinlichkeit, von einer Kokosnuss am Kopf getroffen zu werden, größer sei, als einem Hai im Meer zu begegnen. In Florida angekommen, fallen wir müde ins Bett.

Am folgenden Tag geht es ab in den Surfshop. Wir sind im kompletten Glücksrausch. Schon beim Betreten des Ladens fühle ich mich in einer cooleren Welt. Es riecht nach Surfwachs. Alle sind freundlich und auch das Mädchen hinter der Kasse freut sich riesig, uns zu bedienen. Sie möchte wissen, ob wir Surferfahrung haben. Wir verneinen, aber ich verkünde stolz, dass ich in Austria viel snow- und skateboarde. Das findet sie “amazing”. Wir schnappen uns unsere übergroßen Surfbretter. Die der Beach Boys waren immer viel kleiner. Ich schlussfolgere leger: kleine Bretter – kleine Wellen, große Bretter – große Wellen.

Endlich liegt der tosende Atlantik vor uns. Stolz posieren wir wie Profisurfer am Strand. Wir wickeln die Surf-Leash um unsere Knöchel und starten in Richtung wilder Brandung. Was für eine coole Welt! Ich frage mich, ob es kleine Krebse gibt und stapfe erhobenen Hauptes und platschenden Beines in Richtung Wellen. Tom tut es mir gleich. Surfer winken uns. Wir grüßen mit dem Surfergruß lässig zurück.

Plötzlich sagt Tom zu mir: “Schau einmal da!”

Anfangs kann ich es nicht fassen. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Zwischen uns schwimmt ein Hai. Das wäre beim Snowboarden nie passiert. Wir verlassen panisch das Wasser. Zu allem Überdruss erzählt einer der winkenden Surfer von bodennahen Stachelrochen, die man nur vorsichtig mit zaghaft, schlurfenden Unterwasserschritten beiseiteschieben soll. Keinesfalls darf der Fuß dabei das Wasser verlassen.

Gestärkt und beruhigt durch einen Coffee vom coolen Sandy Beach Café wagten wir einen weiteren Versuch. So ein Hai-Erlebnis wirft doch Fast-Profi-Surfer wie uns nicht zurück! Die Brandung jedoch schon. Wir scheitern am Atlantik und an uns selbst.

Beim nächsten Mal nahmen wir Unterricht, hörten auf uns und ein wenig mehr auf die anderen.

Fazit: Coolness kann auch taub machen!

P. S.: In einem Interview las ich inzwischen, dass die verehrten Beach Boys nicht surfen konnten – meine geliebte Geliebte hingegen Jahre später bei ihrem ersten Versuch schon.

© Martin Buchgraber 2020-09-27

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