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#muttersein#wasistkrankheit

Lebt Ihr Sohn noch?

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Lebt Ihr Sohn noch? | story.one

Nachdem 2004 bei meinem Sohn Sebastian nach der FSME-Impfung die Autoimmunerkrankung ‘Thrombozytopien’ diagnostiziert wurde, hatten wir als Eltern entschieden, Sebastian so normal wie möglich aufwachsen zu lassen - ihn also nicht unter einen Glassturz zu stellen oder in Watte zu packen. Wir vereinbarten regelmäßige Termine im St.Anna Kinderspital und auch regelmäßige Blutbildkontrollen. Egal bei welchem Arzt oder in welchem Labor wir das Blutbild kontrollieren liessen - wir sagten IMMER dazu, dass wir diese Krankheit kennen, dass wir die (schlechten) Werte kennen und uns der Gefahr bewusst sind und, dass es sich um Kontrolltermine handelte und nicht um akute Gefahr. Aber egal, wie wir das auch formulierten oder darauf hinwiesen - jedesmal kam der Notanruf, egal, wer grad am anderen Ende des Hörers war (manchmal hob auch Emil, der größere Bruder, ab…). Einmal hat mich eine Ärztin, mit dem Blutbefund von Sebastian in der Hand, mit folgenden Worten begrüßt: ‘Lebt Ihr Sohn noch?’ Es war zum aus der Haut fahren. Da war Sebastian, munter, aufgeweckt, sein Leben meisternd und dann der Blutbefund - vollkommen konträr zu seinem Zustand. Die Thrombozytenwerte lagen meist nicht über 3000, das weiße und vor allem das rote Blutbild wurden ebenso zusehends schlechter. Da sich nun die Blutwerte von Sebastian weiter verschlechterten, schlugen die Ärzte im St.Anna Kinderspital 2009 eine Knochenmarkpunktion vor. Das ist ja nun ein nicht ganz so harmloser Eingriff - wir entschieden uns aber, das abklären zu lassen. Ich kann mich noch genau an diesen Moment erinnern, wo sie Sebastian ein starkes Schlafmittel gaben, damit der Arzt Knochenmark und eine Knochenstanze entnehmen konnte, ohne dass Sebastian dabei große Schmerzen hatte und sich auch nicht verkrampfte. Wenn das eigene Kind auf einmal wegkippt und wie bewusstlos daliegt - unbeschreiblich, ehrlich. Glücklicherweise ist der Eingriff gut verlaufen und das Knochenmark und die Stanze konnten auch ausgewertet werden. Die Proben wurden in einige Länder für unterschiedliche Auswertungen (zB auch, ob eine Erbkrankheit vorliegen könnte) versendet und so dauert es fast vier Wochen, bis wir ein Ergebnis hatten. Das Knochenmark war soweit in Ordnung (die Ärzte hatten ein trockenes Knochenmark erwartet), es wurden auch immer noch Zellen gebildet. Damit war nun zumindest vorerst klar, die Ursache der Erkrankung liegt eher nicht im Knochenmark. Auf meine Frage, was wir denn nun weiter machen sollten, kam die Antwort: ‘Ja dann schauen wir einfach öfter im Knochenmark nach, bis wir eben etwas finden.’ Hm, diesem Gedankengang konnte ich nicht folgen. Sebastian machte rein äußerlich einen guten, stabilen Eindruck, war eher weniger krank als seine Brüder (obwohl sein Immunsystem laut Befund viel schlechter war) und nun sollten wir auf Verdacht öfters eine Punktion machen?

'Zwischen unserer Vorstellung vom Leben und dem Leben an sich liegt der Hauch der Ewigkeit.’

© Michaela Schmitz 2022-01-01

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