Mein Sohn Sebastian
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Gestern, am 25.12., hatte ich Geburtstag. Wir feiern nie groß, aber wenn meine drei Söhne Emil, Sebastian und Daniel Zeit haben, doch gemeinsam. So auch gestern. Wir haben gemeinsam gegessen und einen Film geschaut und danach habe ich mich von meinem Sohn Sebastian, der im gleichen Wohnblock, aber in einer anderen Wohnung wohnt, verabschiedet. So wie an vielen anderen Abenden auch. Und trotzdem war gestern das Gefühl, dass ich manchmal nicht Mutter sein möchte, sehr stark. Man ist nicht vorbereitet. Man ist auf so vieles nicht vorbereitet. Sebastian ist 1997 zur Welt gekommen. Da die erste Geburt (Emil, 1995) sehr lange (23 Stunden) gedauert hatte, hatte man bei Sebastians Geburt versucht, den Geburtsvorgang zu beschleunigen. Für Sebastian war die Geburt sehr anstrengend und ich wurde von den Wehen einfach nur durchgewrungen. Zu Hause stellte sich dann heraus, dass Sebastian Saugschwierigkeiten hatte, er konnte nicht richtig an meiner Brust trinken, auch die abgepumpte Milch schmeckte ihm nicht und erst als wir eine Mischung aus Mandel-, Getreide- und Babymilch mixten, war er zufrieden und nahm endlich zu. So hatte er im Vergleich mit seinem Bruder Emil eine kleine Entwicklungsverzögerung (die später als Ataxie diagnostiziert wurde) und war immer ‘zart und schlank’. Im Dezember 1999 brachte ich dann noch Daniel zur Welt und somit waren sie zu dritt. Ich war mit meinen Jungs immer viel im Wald und in der Natur unterwegs, somit war die ‘Gefahr der Zecken' Thema, vor allem Oma und Opa hatten Sorge um Sebastian. ‘Du weißt doch, er ist eh so zart, und wenn er sich über einen Zecken infiziert und eventuell erkrankt … ihr seid so viel im Wald unterwegs …’ sagten Opa und Oma oft. Im Frühjahr 2004 habe ich mich dann also entschieden, Emil und Sebastian FSME-impfen zu lassen. Nach der Impfung traten bei Sebastian Hämathome auf. Er war mit dem Rad gestürzt und hatte sich am Unterarm einen langen Schnitt zugefügt. Diesen hatten wir mit Pflaster überklebt und als es am Abend zum Duschen ging, entfernte ich das Pflaster und zum Vorschein kam ein riesiges Hämathom. Meine Freundin, eine Krankenschwester, riet mir, das bei einem Arzt abklären zu lassen. So machten wir ein Blutbild und entdeckten, dass Sebastians Thrombozytenwerte auf ca. 40.000 (statt zwischen 150.000 und 350.000) gesunken waren. Wir wurden ins St.Anna Kinderspital überwiesen. Dort wurde wieder ein Blutbild gemacht, alle Informationen aufgenommen. Auf meine Frage, ob das eventuell mit der FSME-Impfung im Zusammenhang stehen könnte, wurde mir mitgeteilt, dass dies nicht der Fall sein kann. Eingeräumt wurde, dass ein angeschlagenes Immunsystem auf eine Impfung reagieren kann - sozusagen das Fass zum Überlaufen bringen kann. So hatte Sebastian die Diagnose ‘Thrombozytophenie’ und wir als Familie mussten lernen, damit umzugehen. Und seine Thrombozytenwerte sanken weiter.
‘Zwischen unserer Vorstellung vom Leben und dem Leben an sich liegt der Hauch der Ewigkeit.’
© Michaela Schmitz 2021-12-26
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