Meine Söhne und die Zeit um Corona
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Ich habe drei erwachsene Söhne. Mein jüngster Sohn Daniel hat am 01.04.2020 seinen Zivildienst beim Roten Kreuz angetreten. Wir waren gespannt, was ihn erwarten würde - wurden ja jede Menge besorgniserregende Schlagzeilen verteilt. Mein mittlerer Sohn Sebastian hat (seit seiner Zeckenimpfung) eine Autoimmunerkrankung, Thrombozythopenie, und gehört somit zur Risikogruppe. Er wurde zuerst frei gestellt, hat dann aber auf eigenen Wunsch in die Kurzarbeit gewechselt. Mein ältester Sohn Emil arbeitet als Elektriker und gehört somit zur Infrastruktur. Nach anfänglichen Unsicherheiten, welche Baustelle wann weiterlaufen kann/darf arbeitete er unermüdlich weiter. Jeder von ihnen hat seinen Platz eingenommen und ausgefüllt. Es war und ist nie einfach gewesen. Pausenlos neue Verordnungen, neue Anordnungen. Praxis und Theorie klafften extrem auseinander. Einordnen, neu orientieren - jeder Tag eine Herausforderung. Sie alle drei haben ihre Aufgaben seit März 2020 toll absolviert - sie haben es gemeistert. Die persönlichen Unpässlichkeiten bleiben ja - und dann kommt 'Corona' noch dazu. Du musst Dich neu orientieren, auf neue Situationen einstellen, trotzdem sicher und genau arbeiten.
Ich bin mehr als stolz auf meine Söhne. Wir reden immer, wenn Zeit ist, über die 'Situation rund um Corona', was es Neues an Informationen gibt, wie die Stimmung ist, wie die Anordnungen der Regierung in der Praxis umsetzbar sind und wie verhältnismäßig die Auswirkungen auf uns alle sind.
Sebastian muss wegen seiner Erkrankung keine Maske tragen (die Sauerstoffsättigung seines Blutes ist grundsätzlich durch sein mehr als schlechtes Blutbild herabgesetzt) - damit eckt er ständig an. Es ist für uns alle auch eine herausfordernde Zeit.
Wie weit können wir uns eine eigene Meinung bilden? Was erleben meine Söhne täglich in der Arbeit - Emil auf der Baustelle mit seinen Arbeitskollegen (viele kommen aus Polen), Sebastian mit vielen Menschen aus der Risikogruppe an seinem Arbeitsplatz (in seiner Firma arbeiten 70% Menschen mit Beeinträchtigung) und Daniel beim Roten Kreuz? Was hat das alles mit den medialen Schlagzeilen zu tun? Und wie betrifft das UNS als Familie? Niemand fragt das. Niemand fragt uns. Niemand fragt, wie wir das mit der Oma machen. Wie wir unseren Job machen und Familie bleiben.
Medial wird aufgeblasen und die Unverhältnismäßigkeit etabliert. Was sich in den Räumlichkeiten der Familien abspielt, hat keine Relevanz.
Ich bin stolz auf meine Söhne. Sie sind praxisbezogen, sie stehen im Leben und orientieren sich an dem, was ist. Sie schätzen ab, überprüfen und hinterfragen. Sie lassen sich keine Angst einjagen und sie stehen fest verankert. Ich bewundere das - weil ich weiß, dass ich nichts dazu beigetragen habe.
Alle drei - Emil, Sebastian und Daniel - stehen selbst im Leben durch ihre eigene Kraft. Was für ein Geschenk. Für mich und unsere Zukunft.
© Michaela Schmitz 2020-10-08
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