Christian Zinkl - ein Leben wie im Film
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Das Leben schreibt immer wieder großartige Geschichten, es ist aber selten so, dass man eine ganze Lebensgeschichte mit guten Aussichten auf Erfolg verfilmen könnte.
Bei Christian Zinkl fiel mir das gleich auf, als er mir im Podcast erzählte, wie er seine Frau kennengelernt hatte. Er war damals als Verfahrenstechniker für Textilreinigungen in ganz Österreich unterwegs, und so kam er von Wien bis nach Tirol. Dort verliebte er sich in die Tochter der Besitzerin einer Textilreinigung. Hier bleibt viel Spielraum für die Vorstellung: Wie war es, als sie sich das erste Mal sahen, Liebe auf den ersten Blick oder ist die Beziehung langsam gewachsen, gab es ein längeres Werben oder erkannten die beiden schnell, dass sie füreinander geschaffen waren?
Jedenfalls war es so, dass Andrea zu Christian nach Wien zog und das ist doch ein großer Schritt, seine Heimat relativ weit hinter sich zu lassen, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Wir wissen nicht, ob es dabei auch Zweifel und Unsicherheit gab, wir wissen, dass geheiratet wurde und dass gemeinsame Kinder auf die Welt kamen.
Wenn eine Geschichte berühren will, dann darf die Peripetie, der Wendepunkt, nicht fehlen. Wäre der “Film” jetzt schon zu Ende, würde das Publikum noch nicht zufrieden aus dem Kino gehen.
Christian Zinkl hatte nicht nur Glück. Als Verfahrenstechniker war er weiterhin in ganz Österreich unterwegs und hatte dabei einen schweren Autounfall. Vielleicht war er übermüdet, wollte einfach nur nach Hause. In den ersten Tagen war nicht sicher, ob er überleben wird, er war mehrere Monate arbeitsunfähig. Auch hier können wir uns vorstellen, wie groß der Schock bei Andrea gewesen sein muss, als sie davon erfuhr. Wir wissen nicht, ob sie nur Angst um ihren Mann hatte oder ob es auch schon Sorgen gab, wie es mit den noch kleinen Kindern und ihr weitergehen könnte.
Selten lässt sich klar entscheiden, wie viel Glück und wie viel Tüchtigkeit eine Rolle spielen, wenn die Dinge im Leben gut ausgehen. So entstand wohl der Spruch vom “Glück des Tüchtigen”.
Zunächst hatte Christian in jedem Fall Glück, weil er nicht nur überlebte, sondern auch wieder ganz gesund wurde. Dann trafen die beiden aber auch die richtige Entscheidung: Er beendete seine Tätigkeit als Verfahrenstechniker, der jeden Tag weite Strecken mit dem Auto fahren musste, und sie gingen das Wagnis ein und machten sich als Textilreiniger selbstständig. Von nun an arbeiteten sie gemeinsam in ihrem Geschäft, das sie mit viel Liebe zur Sache, zu den KundInnen, aber auch zu den MitarbeiterInnen aufbauten. Verbunden mit ihrer hohen Fachkompetenz und ja, jetzt geht es nicht mehr nur um Glück, also auch wegen ihrer Tüchtigkeit wurden sie sehr erfolgreich.
Wer so viel zusammenarbeitet, will vielleicht in der Freizeit etwas Abstand. Bei Andrea und Christian ist das nicht der Fall. Wenn man sie gemeinsam durch den Lainzer Tiergarten laufen sieht, hat man fast das Gefühl, dass sie schweben. Und jetzt wissen wir auch, warum.
© Norbert Netsch 2021-08-18
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