First Times
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Das erste Flattern der Schmetterlinge im Bauch. Erste verliebte Blicke, die wie aufgeregte Hummeln hin- und herschwirren. Erste zarte Küsse, die auf den Lippen brennen und nach Verheißung schmecken.
So auch die ersten Tanzstunden, Grundschritte und Figuren, die ich in einem der zig Schatzkästchen meines Gedächtnisses bewahren konnte. So wie die Erinnerung an das erste Verliebtsein im harmonischen Gleichklang der Tanzschritte zu Boogie-, Foxtrott- oder Walzermelodien.
Ein Tanz hatte es mir und meinem Auserwählten besonders angetan. Zu seinem Timbre entschwebten unsere aufkeimenden Gefühle in luftige Höhen und die ersten Takte der marschähnlichen Rhythmen besiegelten unsere Passion.
Die Wiege des Paso Dobles entspringt dem heißblütigen, spanischen Herz, und doch trifft der Ausdruck Wiege, der ja ein sanftmütiges, gleichmäßiges Schaukeln suggeriert, auf das Naturell des Turniertanzes so gar nicht zu. Denn paso doble bedeutet Doppelschritt und entfacht heiße Emotionen und Leidenschaft, die sich im für den Tanz eigenen, schreitenden Rhythmus ausdrücken. Obgleich der Paso dem traditionellen Stierkampf nachempfunden ist und das Tanzpaar Matador und rotes Tuch oder sogar den Stier selbst symbolisiert, hegte ich schon damals wie heute keinerlei Sympathie für die grausame rituelle Tötung des armen Tiers. Doch zurück zur Tanzschule hinter dem Wiener Rathaus.
Samstagnachmittag, 5-Uhr-Tee! Klingt für mich selbst nach dem langen Reigen ins Land gezogener Jahre nach schwungvoller Musik, einstudierten Schritten und klopfendem Herzen.
Damenwahl! Beinah so leuchtend rot wie das feurige Tuch des Toreros schweben rote Herzchen vor meinen vergißmeinnichtblauen Augen, als ich mit meinem groß gewachsenen Tanzpartner meine erst kürzlich im Bronzekurs erworbenen Tanzkünste zu perfektionieren trachte.
Obwohl mit Gustis jungem Mann kann meine Eroberung nicht mithalten, denn ihr Auserwählter entpuppt sich als regelrechte lange Latte im wahrsten Sinne des Wortes. Wir können uns das Lachen kaum verkneifen, als sie den blond gelockten Jüngling zu Sambaklängen auffordert, der wie die anderen männlichen, heiß begehrten Eleven artig wie die Orgelpfeifen am Rand des Tanzschulsaales sitzend aufgereiht ist, um endlich auf dem Tanzparkett sein Können unter Beweis zu stellen. Denn als sich Gustis Auserwählter kokett lächelnd vom gepolsterten Sessel erhebt, ragt dieser gut drei Köpfe über meine etwas zu klein geratene Freundin. Leider ist der enorme Größenunterschied beim Tanzen eher hinderlich und die flotte Sohle, die die beiden versuchen, aufs Tanzparkett zu legen, nicht von langer Dauer.
Verträumt lausche ich Ed Sheerans neuestem Geniestreich FIRST TIMES und lasse mich in Gedanken von Peters starken Armen führen. Noch einmal durchmessen wir gemeinsam zum Sound des Paso Dobles den Tanzsaal, stampfen temperamentvoll den Takt der Musik. Forever young, in love.
Dank an Jonny Clow fürs stimmige Foto 😍
© Silvia Peiker 2021-11-02
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