Alles löschen
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Die gemeinsamen Fotos von uns beiden in der Bildgalerie habe ich allesamt von meinem Handy gelöscht und die einander geschriebenen Nachrichten auf WhatsApp sind Gott sei Dank bereits in die zweite Reihe zurückgerutscht – somit ist die stete Erinnerung jedenfalls einmal weg und das ist gut so.
Aber halt, zu voreilig gedacht beziehungsweise gefreut, denn was sehe ich da plötzlich auf meinem Schreibtisch liegen?
Ein kleines beschriftetes Druckpolsterkuvert. In jenes habe ich nach meiner Urlaubs-Rückkehr mein erstes veröffentlichtes Buch, welches von einem Engel handelt und von dem ich ihm erzählt habe, hineingesteckt.
Dieses wollte ich ihm eigentlich als Geschenk per Post zukommen lassen. Ich öffne ganz vorsichtig das Kuvert, entnehme sachte die darin beigelegte Karte, lese sie aufmerksam durch, um sie dann auf der Stelle in viele Stücke zu zerreißen. Die damalig von mir verfassten Worte haben jetzt keinerlei Bedeutung mehr.
In das Buch habe ich zusätzlich eine persönliche Widmung für ihn hineingeschrieben. Was tue ich nun damit? Soll ich vielleicht nur die erste Seite rausreißen, es als Ganzes einfach wegwerfen oder vielleicht besser gleich in einem spirituellen Ritual verbrennen frei nach dem Motto „Satan weiche von mir!“?
Dann wäre womöglich der Fluch für immer und ewig beendet und eine neue, andere Zukunft möglich. Who knows.
Unsere Welt ist, so kommt es mir zumindest vor, sehr schnelllebig geworden. Oftmals viel zu schnell. Situationen, die früher in Ruhe besprochen und überdacht wurden, fielen der Digitalisierung zum Opfer.
Egal ob E-Mail oder SMS, alles kann ohne langes Überlegen in Sekundenschnelle übermittelt werden. Ein persönlicher Kontakt ist meistens nicht mehr vonnöten oder gar nicht gewünscht. Manchmal sehne ich mich verständlicherweise nach den alten, noch langsameren Zeiten.
Doch Entwicklung lässt sich eben nicht aufhalten und vielleicht hat es manchmal auch etwas Gutes.
© Sylvia Eugenie Huber 2021-01-12
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