Budweis im Wandel der Zeit
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Meine Eltern sprachen schon öfters davon, einmal nach Budweis fahren zu wollen und an einem Samstag im Jahre 1989 war es dann so weit und wir fuhren gemeinsam mit einer Nachbarsfamilie in die Tschechoslowakei, wie das Land dazumal noch hieß. Vor der Einreise mussten einige Protokolle ausgefüllt werden, warum man denn käme, wie lange man zu bleiben vorhatte und wieviel Bargeld man so mitführte. Wenn der Grenzposten nichts einzuwenden hatte, dann durfte man tatsächlich die Grenze passieren. Es dauerte noch ein paar Jahre, konkret bis 1992, dass aus dem ehemaligen Binnenstaat Tschechoslowakei die Staaten Tschechien, Slowakei und ein Teil der Ukraine wurden.
Für uns Jugendliche und Kinder war das damals eine sehr außergewöhnliche Erfahrung, denn wir wuchsen im freien Österreich auf und machten bislang größtenteils Urlaub in Ländern, wo die Einreise, mal abgesehen von langen Grenzwartezeiten in der Hochsaison, sehr einfach war.
Die südböhmische Stadt Budweis ist vor allem wegen seines Bieres bekannt, doch das historische Stadtzentrum ist absolut sehenswert, allem voran das wunderschöne barocke, damals in Gelb gehaltene und nun bläulich imponierende, Rathaus mit seinen drei Türmen. Am quadratischen, einen ganzen Hektar großen, Marktplatz „Náměstí Přemysla Otakara II“ befindet sich mittig das achteckige Brunnenbecken des Samson-Brunnens „Samsonová kašna“, auf dessen Sockel, der den Löwen zähmende, Samson platziert ist, obwohl jener im Jahre 1989 mit Abwesenheit glänzte – wahrscheinlich wurden gerade Renovierungsarbeiten durchgeführt. Ebenfalls vom Hauptplatz zu erblicken ist der im 16. Jahrhundert errichtete 72,25 Meter hohe Schwarze Turm „Černá věž“.
Wir kehrten damals nach der Stadtbesichtigung in einen urigen Gasthof ein, wo sich die ganze Familie für umgerechnet ATS 100 den Bauch mit den leckeren Gerichten der böhmischen Küche vollschlagen konnte. Ungewöhnlich war, dass die Erwachsenen unaufgefordert ein neues Bier hingestellt bekamen, sowie das vorherige Glas leergetrunken war. Erst bei Glas Nummer drei sagten jene dem Ober, dass er nun mal kein Weiteres mehr bringen soll.
Als ich fast 20 Jahre später erneut wieder hinreiste, war die Einreise Gott sei Dank komplett unproblematisch. Die Stadt ist nach wie vor aufgrund der Sehenswürdigkeiten einen Besuch wert. Dieses Mal suchte ich kein gut bürgerliches Gasthaus auf, sondern ein schickeres Restaurant und wurde 2008 im „Vin de cafe Restaurace“ fündig und bei einem anderen Besuch im Jahre 2015 im „Restaurace Zvon“ des Granhotels Zvon. Die Preise, speziell in den besseren Restaurants, sind seitdem natürlich gestiegen, trotzdem immer noch deutlich günstiger als in Österreich. Und auch die Hotels und deren Wellnessangebote sind nicht zu verachten.
Während ich gerade über meine damaligen Eindrücke schreibe, bemerke ich, dass ich vielleicht wieder einmal einen Abstecher nach Tschechien machen sollte, denn gefallen hat es mir ja jedes Mal.
© Sylvia Eugenie Huber 2021-03-16
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