Die Vielfalt genießen
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Nachdem die letzten zwei Tage bergreich waren, steht für heute etwas komplett anderes am Programm, nämlich der Mineralienpark in „Hornnes“. Auf dem Weg gibt es wie immer Gelegenheit, spontan anzuhalten und etwas abzulichten, wie zum Beispiel die Brücke „Terland Klopp“ im Tal Gyadalen wenige Kilometer von Helleland entfernt. Die Steinbogenbrücke hat eine Länge von 60 Meter und stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und besitzt 21 Lichtöffnungen mit zwischen 1 und 2 Meter Breite. Sie ist die längste und am besten erhaltene Brücke dieser Art Nordeuropas, weshalb sie auch unter Denkmalschutz steht.
Die Kommune „Evje og Hornnes“ ist zu über 70% bewaldet und daher ist die Forstwirtschaft von großer Bedeutung. Das Gemeinde-Wappen zeigt zwei schwarze Förderwagen auf goldenem Hintergrund im Hinblick auf den Bergbau. Als ich beim „Mineralparken“ ankomme, bin ich mir zuerst nicht sicher, ob ich richtig bin, da ich einen Freizeitpark mit Rutschen erblicke. Doch im Berginnern, in eigens angelegten unterirdischen Felsgrotten, kann man eine spektakuläre Steinsammlung mit über 1.000 einzigartigen Mineralien, die in unterschiedlichsten Farben glänzen oder glitzern, aus der ganzen Welt bestaunen.
Bei der Weiterfahrt komme ich bei einem Kletterpark vorbei und unzähligen ausgeschilderten Campingplätzen – für Familien muss die Gegend ein Traum sein. Die Landschaft hier ist besonders naturbelassen, wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich sie noch besser erkunden. Bei mir steht jedoch Bykle am Programm, wo eine der schönsten Kirchen Norwegens stehen soll.
Als ich mein Ziel erreicht habe, sehe ich eine kleine unscheinbare Kirche, doch als ich eintrete, stockt mir der Atem. Die alte Holzkirche „Bykle gamle kyrkje“ aus dem Jahr 1619 ist komplett mit Rosenmalerei „rosemåling“ dekoriert, welche im Jahre 1826 von Aslak Vasshus aus Neslandsvatn vorgenommen wurde. Das Gebäude mag klein sein, aber beherbergt so großartige Kunst und Schönheit wie manche große Kirche nicht. Ich gehe extra nochmals ins Auto zurück und werfe Geld in die Spendenbox, denn Kulturgut gehört unbedingt erhalten.
Unweit davon befindet sich die neue Kirche aus 2004, die deutlich mehr Menschen Platz bietet und ebenfalls eine wunderschöne Holzdecke hat, allerdings bei Weitem nicht an das antike Vorgängermodell heranreicht.
Die kleine und dünn besiedelte (1 EW/km²) Ortschaft mit um die 900 Einwohner hat ein Hotel mit Restaurant, in dem ich einquartiert bin. Nach einer freundlichen Begrüßung einer Finnin, die bereits seit 20 Jahren hier lebt, beziehe ich mein Zimmer, welches ebenfalls bezaubernd ist. Im Restaurant verzehre ich ein vorzügliches Menü bestehend aus hausgemachtem Brot mit Aioli-Aufstrich, gefolgt von gegrilltem Lachs mit Gemüse und Salzkartoffeln und einem Nachtisch. Die Speisen waren auf jeden Fall jeden einzelnen der 345 NOK wert.
Da es viel zu lecker war, um etwas davon überzulassen, ist ein Verdauungs-Spaziergang dringend vonnöten.
© Sylvia Eugenie Huber 2022-07-07
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