Menschenmassen am Preikestolen und Stavanger
- 70

Nach dem 2,5km-Schild folgt ein langer ebener Holzsteg, wo man gut Kräfte tanken kann, anschließend geht es erneut steil auf Felsstufen bergauf. Beim nächstfolgenden Wegweiser, der verspricht, dass es nur noch 1km zum Ziel ist, bekommt man ein herrliches Panorama mit Sicht auf den Fjord zu erblicken. Es mag anstrengend sein, auf den Berg zu wandern, doch man wird unglaublich für seine Anstrengungen entschädigt.
Endlich angekommen, beobachte ich das wirre Geschehen um mich herum – junge Mädels, die sich nahe dem Abgrund in Pose werfen und Bilder von sich schießen, ein paar Wagemutige, die am Bauch liegend bis zur Felskante rutschen, die 604 Meter senkrecht in die Tiefe abfällt. Da wird mir beim Zuschauen schon mulmig!
Die Aussicht ist atemberaubend, aber die Jahrmarktstimmung ist definitiv nichts für mich und so beschließe ich nach ein paar Aufnahmen wieder zurückzukehren. Eine weise Entscheidung, fängt es kurz danach bereits zum Tröpfeln an – nichts wie hinunter, denke ich mir und gebe wirklich richtig Gas. Ich überhole jeden und habe ein flottes Tempo drauf, der zunehmende Regen motiviert mich dazu. Des Öfteren denke ich an diejenigen, die mit schlechtem Schuhwerk und Kleinstkindern unterwegs sind – hoffentlich kommen sie alle gut hinunter.
Als ich unten am Parkplatz ankomme, sehe ich, dass ich in Summe mit Rauf- und Runtergehen 2h45min gebraucht habe. Für jemanden, der nur sporadisch auf den Berg geht, eine flotte Leistung! Der Energieverbrauch war natürlich nicht unerheblich und mein Bauch schreit kräftig nach Nahrung. Also auf nach Stanvanger, wo ich durch einen sage und schreibe 14,3km langen Unterwassertunnel namens Ryvast-Tunnel fahre, übrigens der längste und tiefste der ganzen Welt.
Nach dem Check-In im Hotel fahre ich in die Stadt zum Essen – hier ist ebenfalls Party angesagt, findet nämlich ein Street-Food-Festival statt. In einem Stadtteil sind viele bunte Hausfassaden in blau, rosa, violett, gelb, orange oder grün – ich persönlich liebe solch‘ eine Farbpracht und mein Herz schlägt dabei etwas höher. Am Hafen sind unter den Zelten Unmengen an Menschen am Essen als auch Bier trinken und es spielt bei jedem Stand laute Musik.
Es ist wirklich die Hölle los! Ich gönne mir zum Abschluss einen Affogato al caffè, also Espresso mit Vanilleeis, bei einem Stand mit Waffeln, wo eine zweireihige Schlange davorsteht. Als ich bei dem Betrag von 95NOK auf 100NOK aufrunde, bekomme ich einen verwunderten Blick, denn laut dem Jungen gibt kaum jemand Trinkgeld.
Ich vermute, dass dies durch das stete bargeldlose Zahlen verursacht wird, die Digitalisierung ist in Norwegen ganz groß geschrieben, egal ob beim Parken, Tanken, im Supermarkt und selbst auf Toiletten – alles wird mit Karte bezahlt, oftmals ist eine Barzahlung gar nicht mehr möglich und wahrscheinlich ist das Trinkgeld somit Geschichte.
Nach ein bisschen Sightseeing habe ich genug – für heute ist mein Bedarf am Menschen und Lärm reichlich gedeckt.
© Sylvia Eugenie Huber 2022-07-06
Kommentare
Jede*r Autor*in freut sich über Feedback! Registriere dich kostenlos,
um einen Kommentar zu hinterlassen.