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#norwegen#bykle

Reiche Kaffs und Teuerung

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Reiche Kaffs und Teuerung | story.one

Beim Spazieren entdecke ich neben dem Rathaus eine Schule samt Sportplatz – hier kann sich Österreich ein Stück abschneiden, denn obwohl dieser Ort die Bezeichnung Kaff verdient, ist für Schulbildung und Sport gesorgt. Beim Weiterlaufen erblicke ich ein Schild mit „Dam Sarvsfossen“, dem ich folge und wo linkerhand ein ruhiges Gewässer liegt, in dem sich die Natur auf der Wasseroberfläche spiegelt. Rechts befinden sich imposante, schroffe Felsen als auch der Damm selbst. An einer Tafel gibt es Informationen zur Höhe von 50 Meter, der Länge von 142 Meter und zu den 19.000m³ verarbeiteten Beton. Neben dem Damm verlaufen unzählige Stufen, die ich am liebsten bestreiten würde, jedoch sind jene verständlicherweise nur für Wartungsarbeiten zugänglich.

Am nächsten Morgen bekomme ich zum Frühstück 2 Stück Spiegeleier mit Speck aus der Region und erfahre vom Chef, dass Bykle zu den reichsten Regionen Norwegens gehört, da es gleich über 3 Wasserkraftwerke verfügt. Die Kommune selbst erbaute daher vor 30 Jahren das Hotel, welches dann von ihm und seiner Frau, der Finnin, übernommen wurde. Ich lobe das tolle Zimmer und das gute Essen von gestern, welches von seinem Sohn bereitet wurde. Auch erfahre ich, dass in der alten Kirche die letzte Sitzreihe früher unehelich schwangeren Frauen diente, während die Männer freie Platzwahl hatten. Er erkundigt sich bei mir, wie es in Österreich bezüglich Corona gelaufen ist und sagt mir, dass er kein Personal mehr bekommt, denn aufgrund der Lockdowns suchten sich die ehemaligen Mitarbeiter andere Jobs und kehrten nicht zurück. Die Krisen der letzten Jahre haben ebenso dazu geführt, dass die Einwohner des einst reichen Norwegens, welches sich mit seinem BIP auf Platz 4 nach Luxemburg (1), Schweiz (2) und Irland (3) befindet, mittlerweile wegen der Teuerungen zu kämpfen haben. Die unglaublich stark gestiegenen Preise von Strom, Treibstoff und Lebensmitteln treffen viele Norweger finanziell schwer, was wir in Österreich und Deutschland ja ebenfalls zu spüren bekommen.

Bei der Abfahrt zeigt mein Thermometer kühle 8,5°C an und auf den umliegenden Bergen liegt Schnee – Zeit für ein Wettergebet. In den Sommermonaten werden viele Straßen saniert, wodurch es gehäuft bei Baustellen zu Haltzeiten kommt. So komme ich mit zwei Motorradfahrern aus Berlin ins Gespräch, die mit der spontanen Kälte zu ringen haben. Ich schlage ihnen vor, dass sie sich auf blauen Himmel und Sonnenschein konzentrieren sollen, was sie anfangs etwas skeptisch sehen und deshalb sage ich ihnen, dass es die letzten Tage ganz gut funktioniert hat. Weiters erwähne ich, dass es grundsätzlich immer besser ist, sich auf etwas zu konzentrieren, was man möchte als umgekehrt. Dem stimmen sie zu.

Meine nächste Destination ist die Ortschaft Seljord der Provinz „Vestfold og Telemark“, wo laut Reiseführer eine schöne Kirche steht, ein Skulpturenpark angesiedelt ist und beim Seljord-See ein Seeungeheuer namens „Selma“ leben soll.

© Sylvia Eugenie Huber 2022-07-08

SKANDINAVIEN—SCHOTTLAND

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