skip to main content

#norwegen#bergwanderung

Sonnengebet und Predigtstuhl

  • 61
Sonnengebet und Predigtstuhl | story.one

Nach der Wanderung fahre ich ins B&B, welches direkt am Fjord liegt und wo ich zum Glück der einzige Gast bin und so die Gemeinschaftswohnküche für mich allein beanspruchen kann. Es schüttet die ganz Nacht lang aus Kübeln und ich mache daher erneut ein Sonnengebet, damit ich morgen auf den Berg kann.

Am Morgen verrät mir der Blick aus dem Fenster, dass mein Gebet gefruchtet hat, ist es tatsächlich trocken und sogar sonnig. Freudig sitze ich nach dem Frühstück im Auto und genieße das schöne Wetter. Als ich in Lauvvik ankomme, wo mich die Fähre nach Oanes bringen soll, frage ich mich, wo ich die Bezahlung vornehmen soll, da die Kabine unbesetzt ist. Ich stelle mich hinter das letzte Fahrzeug und versuche ein paar Informationen zu bekommen. Die ersten in der Reihe sind zwei Motorradfahrer aus Holland, die vermuten, dass man erst auf der Fähre zahlt. Auch recht.

15 Minuten später trudelt die Fähre ein und nachdem wir hineingefahren sind und abgelegt haben, geht ein Herr mit einem iPad durch und scannt die Nummerntafeln – so funktioniert also die Bezahlung. Die Überfahrt dauert nicht lange und zum Preikestolen sind es etwa 20min, wo man am Parkplatz eingewiesen wird, da bereits viel los ist, von Autos über unzählige Camper, die man in Norwegen sehr häufig trifft.

Nach der Bezahlung von 250 NOK Parkgebühr, gehe ich noch einmal für kleine Mädchen, denn ein Schild warnt schon eindrücklich vor den 3,8 Kilometern Strecke samt 334 Höhenmetern vom Parkplatz weg, die man nur mit gutem Schuhwerk, wetterfester Kleidung und ca. 4 Stunden Zeitaufwand für Auf- und Abstieg einplanen sollte. Beim Preikestolen oder auf Deutsch die Kanzel bzw. der Predigtstuhl, handelt es sich um eine natürliche Felsplattform, die eine Größe von 25 x 25 Metern hat und von der man einen einzigartigen Blick über den Lysefjord erhält. Diese touristische Attraktion zieht jährlich mehr als 300.000 Menschen an.

Am Beginn geht es gemütlich durch den Wald, dem folgen riesige, abgerundete Steine und danach kommen die ersten steilen Felsstufen. Bis zum 2,5km-Schild halten sich die Wanderer noch in Grenzen, dies ändert sich dann aber schlagartig. Ich hatte bereits zuvor gehört, dass es hier förmlich eine Massenwanderung gibt, dass es so schlimm ist, wusste ich jedoch nicht. Es geht im Gänsemarsch dahin, Gruppen, die hinaufwollen und jene, die wieder hinabsteigen. Eltern mit Kindern, manchmal auch Babys, die am Rücken geschnallt sind, jede Nationalität, Jung und Alt, dick und dünn – jeder folgt dem Ruf des Berges.

Ich genehmige mir immer wieder eine Verschnaufpause durchs Fotografieren als auch mit Wassertrinken und bin entsetzt, dass einige mit völlig falschen Schuhen unterwegs sind, obwohl mehrfach auf Schildern darauf hingewiesen wurde. Eine Dame ist beispielsweise wie für eine Modeschau gekleidet und trägt Designerklamotten, große Sonnenbrillen, roten Lippenstift und dazu Espadrilles mit Gummisohle ohne Profil. Unglaublich! Gott sei Dank ist es heute trocken!

© Sylvia Eugenie Huber 2022-07-05

Kommentare

Gehöre zu den Ersten, die die Geschichte kommentieren

Jede*r Autor*in freut sich über Feedback! Registriere dich kostenlos,
um einen Kommentar zu hinterlassen.