Spanischer Maskenball
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Gestern früh kehrte ich nach einer speziellen Woche Urlaub zurück nach Österreich. Ursprünglich wäre ich ja schon im Wonnemonat Mai geflogen, doch der August schien wohl laut Universum besser hierfür geeignet zu sein.
Es ging auf die größte der Kanaren-Inseln, also Teneriffa, welche vor der Küste Westafrikas liegt und daher ganzjährig ein mildes Klima aufweist. Zu der momentan vorherrschenden Corona-Situation ist sie zusätzlich einer jener Teile Spaniens, der bislang noch keinerlei Reisewarnung im Vergleich zum bereits kaum noch anfliegbarem Festland erteilt bekommen hat.
Die Hygiene-Maßnahmen sowohl am Flughafen als auch im Flieger wurden wirklich sehr ernst genommen und es gab klare, konkrete Anweisungen. Der Einstieg erfolgte beispielsweise erst nach Aufruf der genannten Reihen und man befüllte den Flieger von den hinteren Plätzen nach vorne, um den Sicherheitsabstand bestmöglich zu gewährleisten.
Grundsätzlich, so schien es, wurde auf der ganzen Insel trotz großer August-Hitze selten auf das neue Accessoire verzichtet, selbst im Freien lief gut der Großteil mit Mund-Nasen-Schutz herum. Sogar Menschen, die kurz ihren Hund Gassi führten oder vom Sonnen beziehungsweise Baden am Strand zurückkehrten – die Maske war allseits präsent.
Das Restaurant durfte man nur nach der vom Kellner erteilten Platz-Zuweisung und unter Beobachtung der Händedesinfektion betreten. Eine klassische Speisekarte zum Angreifen gab es keine – hier wurde mittels Handyscan eines QR-Codes auf die Webpage des Restaurants samt Speiseangebot verwiesen.
Als ich am zweiten Tag nach meiner Ankunft eine mehrstündige Wanderung unternahm, welche deutlich mehr Zeit als ursprünglich eingeplant in Anspruch nahm und mir infolgedessen der komplette Rückweg zu anstrengend gewesen wäre, entschied ich den Guagua, wie der Autobus hier genannt wird, zu nehmen. Es dürften einige andere Besucher die gleiche Idee gehabt haben, denn vor der Haltstelle sammelten sich ebenfalls viele andere Urlauber.
Im Bus eingestiegen, hier wurde selbstverständlich auch penibel auf das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes geachtet, wurde ich Zeuge einer für mich äußerst skurrilen Situation, von der ich bis jetzt nicht weiß, ob ich darüber lachen oder doch lieber weinen soll.
Ein junges verliebtes Pärchen, welches in der Reihe direkt vor mir saß, kuschelte sich liebevoll zusammen. Doch plötzlich führten sie ihre Gesichter immer näher zueinander und küssten sich – mit Maske.
Der „safer kiss“ war geboren und für mich an jenem Tag ein weiteres Stück heile Welt gestorben.
© Sylvia Eugenie Huber 2020-08-16
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