Nauru (Dezember 2009)
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Von Brisbane geht es mit dem Flieger mit Zwischenstopp auf den Salomon-Inseln nach Nauru. Es ist mein VIERTER Versuch. Der winzige Inselstaat mit 21 qkm und 13.000 Einwohnern hat seit Jahren mit enormen Problemen zu kämpfen. Die Insel war wegen finanzieller Engpässen der staatseigenen Airline kaum noch zu erreichen, Schiffsverbindungen waren gekappt.
Mit dem Hotelbus, einer Klapperkiste, fahre ich die vier Kilometer zum Menen-Hotel. Das einstige riesige Luxushotel ist in die Jahre gekommen Die Infrastruktur auf der Insel scheint zu stimmen, aber in Wirklichkeit ist das Land mehr oder weniger am Ende. Es gibt überraschend gute Straßen, sogar Internetzugang für erstaunlich wenig Geld und schneller Verbindung, im Hotelzimmer kann ich CNN empfangen. Das Land kommt mir vor wie ein unheilbar Krebskranker, der kurz vor seinem Tod nochmals aufblüht.
Nauru war einst deutsche Kolonie. Bei Gesprächen mit Einheimischen stelle ich fest, dass es keine sichtbaren Erinnerungen aus dieser Zeit mehr gibt, dass aber etliche deutsche Wörter Eingang in die Einheimischensprache gefunden haben, wie z.B. Gott, Engel, Schaf und die Wochentage Montag bis Freitag. Der Inselstaat wurde nach seiner Souveränität in den siebziger Jahren durch seine Phosphat-Vorkommen zum reichsten Staat der Welt, was das pro Kopf Einkommen anbelangt. Irgendwann gingen die Phosphat-Vorkommen zur Neige. Der Staat war pleite. Die Regierung versuchte mit verschiedenen Mitteln den Absturz zu verhindern. So wurden sinnlose Immobilienprojekte initiiert und das Land wurde auf die Schwarze Liste der Geldwäscheländer gesetzt, weil es betrügerische Zertifikate auf den Markt gebracht hatte.
Wanderungen führen mich ins Innere der Insel. Vorbei an einem Phosphat-Betrieb, in welchem noch einige wenige Leute Restarbeiten verrichten, steige ich in grünen Urwald rund um zackige Korallenfelsen. Ich habe das Gefühl, dass die Natur allmählich zurückkommt, die meisten Häuser sind aber nur noch Ruinen. Denkt man sich diese weg, hat man ein kleines Südseeparadies mit Palmen, Frangopangi und tosenden Wellen vor korallenklippenbesetztem Strand vor sich, etwas von „Pleasant Island“, wie Nauru einst hieß, lebt kurz auf. Fast jeder Fahrer der alten Autowracks, die unterwegs sind, will mich mitnehmen. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass die Insel vor 20 Jahren nur von dicken Allradfahrzeugen befahren wurde. Mir wird bedeutet, dass ich, wenn ich schon zu Fuß gehen wolle, einen Knüppel wegen der Hunde mit mir führen solle. Ich finde schließlich eine Zaunlatte die am Straßenrand liegt, aber die Hunde, die ich treffe, sind alles ängstliche Straßenköter, die vor mir mehr Angst haben, als umgekehrt. Eine Phosphat-Laderampe ragt ins Meer.
Einer Kollegin in der Polizeistation fällt, als ich ihr sagte, dass ich ein deutscher ehemaliger Kollege bin, zu Deutschland spontan nur Hitler ein und sie kennt den "Hauptmann von Köpenick“.
© Wolfgang Stoephasius 2021-04-07
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